Wien - Das "Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft - 18. bis 20. Jahrhundert", ist Dienstag in der Österreichischen Nationalbibliothek, von der das dreibändige Werk herausgegeben wurde, präsentiert worden. Das Handbuch verzeichnet auf zusammen 1.856 Seiten rund 8.000 Kurzbiographien von Autorinnen und Autoren, die seit dem 18. Jahrhundert das Geistesleben Österreichs geprägt haben. Dem Handbuch ist ein Forschungsprojekt "Österreichische Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft" vorangegangen, das an Umfang und Dauer zu den größten der mehr als 40 Forschungsvorhaben zählt, die im vergangenen Jahrzehnt an der Nationalbibliothek durchgeführt wurden. Leiter des Forschungsprojekts, in dessen Rahmen auch ein umfangreiches Archiv mit bio-bibliographischen Angaben und Korrespondenzmaterial an der Nationalbibliothek aufgebaut werden konnte, ist Generaldirektor a.D. Hans Marte. Beim Kriterium "jüdische Herkunft" folgten die Bearbeiter (Susanne Blumesberger, Michael Doppelhofer und Gabriele Mauthe) - der Definition von Harry Zohn, der den gemeinsamen jüdischen Hintergrund, unabhängig vom jeweiligen religiösen Bekenntnis, als Schicksalsgemeinschaft begreift. Als österreichisch gelten in diesem Handbuch all jene Frauen und Männer, die innerhalb der jeweiligen historischen österreichischen Grenzen geboren wurden, hier länger als 10 Jahre lebten oder die österreichische Staatsbürgerschaft innehatten. Aufgenommen wurden nicht nur Schriftstellerinnen und Schriftsteller im engeren Sinne, sondern auch Persönlichkeiten aus Journalismus, Wissenschaft und Kultur, von der Musik bis zum Film. Gewürdigt werden Menschen, die - ungeachtet aller Unterschiede - gerade im 20. Jahrhundert die gemeinsame Erfahrung von Verfolgung, Vertreibung und Exil machen mussten, die ermordet oder in den Selbstmord getrieben wurden oder deren kulturelles Erbe und Nachleben man auszumerzen versuchte, soweit sei in früheren Epochen gewirkt hatten. Widerstand Die Biographien dokumentieren nicht nur die Schicksale der Betroffenen, die vorliegenden Forschungsergebnisse lassen den unermesslichen und unwiederbringlichen Schaden erahnen, den unser Land und unsere Gesellschaft durch die Ermordung und Vertreibung der Juden erlitten hat. "Die Publikation versteht sich daher einerseits als ein Akt des Widerstands gegen das Vergessen und möchte anderseits einen, wenn auch kleinen Beitrag zur 'geistigen Wiedergutmachtung' leisten", betont die Österreichische Nationalbibliothek dazu in einer Aussendung. Im Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft sind einerseits die bekannten Namen vertreten, die man auch in anderen Lexika finden kann, etwa Arthur Schnitzler, Stefan Zweig, Karl Kraus, Sigmund Freud, Lise Meitner, Gustav Mahler oder Billy Wilder. Besonderer Wert wurde jedoch auch auf diejenigen gelegt, die in Gefahr sind, in Vergessenheit zu geraten, weil sie nur wenige Werke veröffentlicht hatten, bevor ihre Karriere gewaltsam beendet wurde. Sie werden hier erstmals in einem Verzeichnis aufgeführt und mit biographischen Angaben der Öffentlichkeit vorgestellt. Viele Informationen stammen aus intensiven Kontakten der Bearbeiter mit Betroffenen, bzw. deren Angehörigen, Nachkommen oder Nachlassverwaltern sowie weiteren Experten. (APA)