Wien - Wenn es ums Gehalt geht, scheint die
Gleichberechtigung in Österreich auf der Strecke geblieben zu sein.
Frauen verdienten im Schnitt 45 Prozent weniger als ihre männlichen
Kollegen - so groß sei die Gehaltskluft in keinem anderen EU-Land,
heißt es in einer Pressemitteilung des Österreichischen
Gewerkschaftsbundes (ÖGB) von Dienstag. Im Rahmen einer Enquete unter
dem Motto "Wenn es ein Mädchen wird, nennen wir es
Einkommensunterschied" forderten die ÖGB-Frauen bessere
Rahmenbedingungen für Frauen und eine Neubewertung der Arbeit.
Hauptgrund für die schlechtere Gehalts-Position von Frauen sei
eine ungleiche Verteilung der unbezahlten Hausarbeit, sagte
WU-Ökonomin Gabriele Michalitsch bei der Veranstaltung. Pausen wegen
Kinderbetreuung, ein höheres Arbeitslosigkeitsrisiko und die
Tatsache, dass typische Frauentätigkeiten schlechter bewertet würden
als "Männerarbeit", trügen zusätzlich zu den Einkommensunterschieden
bei. Neue Entwicklungen, wie der Anstieg der atypischen Beschäftigung
und Jobs im informellen Sektor verschärften die Gehaltskluft
zusätzlich und führten zu einer Spaltung selbst des
"Frauen-Arbeitsmarktes": Ein Teil der Frauen befinde sich im
Kernarbeitsmarkt, ein immer größerer werde an den Arbeitsmarkt-Rand
gedrängt.
Schlusslicht in der EU sei Österreich vor allem, weil
Rahmenbedingungen fehlten, die Frauen nach der Babypause eine
Rückkehr in den "Kernarbeitsmarkt" ermöglichen. Nachteilig sei zudem,
dass Österreich die geringste Dichte an Kindergärten aufweise.
EU-Länder mit niedrigen Einkommensunterschieden zwischen den
Geschlechtern hätten gleichzeitig ein dichtes Netz an
professionalisierter Kinderbetreuung, heißt es weiter. Einen Hieb
verteilten die Gewerkschafter auch an die EU. Sie bemängeln, dass
Chancengleichheit auf EU-Ebene nur als "soft-law" in Form von
Empfehlungen verankert sei. Eine Nicht-Einhaltung sei dann praktisch
folgenlos.(APA)