Wien - Marion Maruska empfindet die Situation "als ein wenig skurril". Im August des Vorjahrs hat sie ihre professionelle Karriere für beendet erklärt. Sie nahm einen Job im Sekretariat des österreichischen Tennisverbandes (ÖTV) an, das hatte auch mit Weitblick zu tun, Chancen, die sich bieten, sind zum Nützen da. Maruska wird bald 30 Jahre alt, ist sozial- und krankenversichert, 1997 gewann sie das WTA-Turnier in Auckland, also steht sie in der Liste. Insofern hat sich der Beruf ausgezahlt, ist der Blick zurück überhaupt kein zorniger.

Unlust

Skurril ist, dass sie am 21. April in die USA, nach Charlotte/Northcarolina zum Fed Cup reist. Als Teil des Aufgebots. Begleitet wird sie von Barbara Schwartz (WTA 77), Evelyn Fauth (140) und Daniele Kix (487). Das Match der Weltgruppe findet eine Woche später statt, die Gastgeber bieten lediglich Jennifer Capriati und Monica Seles an, sie folgten dem Ruf von Captain Billie Jean King. Maruska (303) wurde reaktiviert, weil Barbara Schett, Patrica Wartusch und Sylvia Plischke erklärt hatten, darauf zu pfeifen. Der Fed Cup störe das persönliche Programm, meinten die drei. Es tue Leid und baba.

Maruska hat sich fit gehalten. "Zuletzt habe ich das Training intensiviert." Abgesehen davon sei es eine Ehre, für Österreich und gegen solche Lichtgestalten einzulaufen. "Es ist wahnsinnig schade, dass so viele desinteressiert sind. Der Sinn des Bewerbes wird infrage gestellt."

Wozu das Ganze?

ÖTV-Geschäftsführer Martin Reiter sieht das genauso. Nicht, dass das stärkste Team in den USA große Chancen gehabt hätte, "aber darum geht es nicht. Die Leute werden teilweise vom ÖTV ausgebildet, und dann muss man 100-mal Danke sagen, wenn sie etwas für einen tun. Sie nehmen sich die Zuckerln raus. Dabei wird in Teambewerben brav kassiert. Von den Spielern." Der Verband schaue durch die Finger. "Verdienen können wir nur in der Weltgruppe bei Heimspielen."

Im April erhöhte sich das Defizit des ÖTV um 45.000 Euro auf 180.000. Die Hälfte machten die Spesen vom 0:5 im Daviscup in Rumänien aus, Charlotte frisst den Rest. Reiter: "Ein Verband ist für den Spitzensport zuständig. Aber man fragt sich, ob diese Bewerbe zeitgemäß sind." Ein Verzicht auf den Fed Cup stehe außer Diskussion. "Die Strafe für ein Nichtantreten beträgt das Vielfache." Reiters vage Hoffnung: "Wir brauchen Partner aus der Wirtschaft. Die müssten Druck ausüben. Aber sie haben an Auswärtsniederlagen auch kein Interesse." Hauptproblem sei, "dass wir vom ORF boykottiert werden. Er wäre eben ein wichtiges Transportmittel."

Erste Division

Alfred Tesar ist der neue Captain des Damenteams, er ersetzt den verstorbenen Filip Krajcik. Sein Debüt, so Tesar, habe er sich anders vorgestellt. "So kann es nicht weitergehen, man muss Gespräche führen. Tennis ist halt kompliziert, es geht um die eigenen Karrieren." Welche Karrieren im Fall von Plischke oder Wartusch (darf als Sanktion nicht mehr gratis in der Südstadt üben) gemeint sein könnten, sei dahingestellt. Tesar kann folgendem, theoretischem Vergleich einiges abgewinnen: Österreichs Fußballteam tritt in Brasilien an, Hans Krankl kreuzt mit einer Auswahl aus der Ersten Division auf, weil die anderen nicht wollen. "Brasilien würde sich brüskiert fühlen."

Maruska beruhigt: "Ich glaube nicht, dass Capriati auf uns böse ist." Tesar wird Maruska im Doppel arbeiten lassen, Schwartz und Fauth im Einzel. "Ich erwarte mir Teilerfolge." Ein Ass? Ein Game? Einen ganzen Satz?

(DER STANDARD, PRINTAUSGABE 10.4. 2002)