Paris - Junge Frauen und Männer planschen spärlich bekleidet im Pool, plaudern tagelang belangloses Zeug und rennen zwischen Kuschel-Couch und Hühnerstall wie in einem überdimensionalen Käfig hin und her. Kameras laufen fast dauernd mit. "Deje vu" - schon gesehen, sagt sich mancher Fernsehzuschauer in Frankreich. Ein Jahr, nachdem seine freizügige "Big Brother"-Variante für hitzige Diskussionen und prächtige Werbeerlöse sorgte, startet der Privatsender M6 "Loft Story 2". Ab Donnerstag dürfte das Konzept leicht abgewandelt erneut Millionen in Bann ziehen. Und auch an der Börse setzen nicht wenige auf "Loft". Erst zehn, dann bis zu zwölf Menschen beiderlei Geschlechts sollen zwölf Wochen die "Freuden des Zusammenlebens" genießen - auf 250 Quadratmeter Wohn- und 300 Quadratmeter Gartenfläche. Ledig müssen die aus Zehntausenden ausgewählten Kandidaten sein und 18 bis 35 Jahre alt. 27 Kameras und 50 Mikrofone sind fast den ganzen Tag dabei, nur zwei von 24 Stunden herrscht Funkstille. Mehrmals am Tag zeigt M6 Zusammenschnitte, Internet und Kabel-TV sind fast pausenlos dabei. Das Paar, das diese Kunstwelt abgeschottet vom echten Geschehen und mehr oder weniger wohlwollend begleitet von den Zuschauern bis zum 4. Juli aushält, kassiert eine halbe Million Euro. Heiß versus familientauglich Im Swimmingpool des Lofts, wo Zuschauer die saftigsten Szenen der ersten Staffel bejubelten, wird eine Unterwasser-Kamera installiert, neben der Dusche wartet eine große Badewanne auf die Loft-Besatzung und ihr Publikum. Und bei zehn Betten und einer Couch gibt es nicht immer genug Schlafplätze. "Die Serie verspricht heiß zu werden" frohlockt das Klatschblatt "VSD". "Alles familientauglich", verspricht dagegen der Pariser Sender M6, der dieses Jahr seinen 15. Geburtstag feiert und sich dazu wieder ein dickes Stück des Werbekuchens abschneiden will. Die neue Staffel laufe während der Wahlen zu Präsidentschaft und Nationalversammlung - und nicht zuletzt während der Fußball-WM, betont M6-Chef Nicolas de Tavernost selbstbewusst. Wählen können die Bewohner des Lofts per Vollmacht. Kniffliger ist die Fußball-Frage: "Für das Finale schauen wir mal - je nachdem, wie die französische Elf abschneidet", sagt M6-Programmchef Thomas Valentin Zähne knirschend. Titelverteidiger Frankreich zählt zu den Favoriten. Doch Fernsehen ist im Loft eigentlich tabu. Auch beim "Big Brother"-Ableger geht es um viel Geld. Satte 54.000 Euro nahm M6 vergangenes Jahr für eine halbe Minute Werbung während der "Loft"-Sendungen. 6,8 Millionen Zuschauer bescherten dem Programm einen Rekord, 34 Prozent Marktanteil und steigende Gewinne trotz Werbe-Flaute. Dieses Jahr sind 66.000 Euro für einen 30-Sekunden-Spot fällig. Die Werbeblöcke scheinen sich gut zu verkaufen - trotz der Erfahrung mit sinkenden Quoten bei Nachfolgesendungen im Ausland. Regen sich Politiker und Medienforscher über das "Voyeur-Fernsehen" auf - die Aussicht auf schnelles Geld gefällt auch an der Pariser Börse. Getrieben von Werbe-Euphorie, kletterte der M6-Kurs zuletzt klar. Aktien des Konkurrenten TF1 wurden abgestoßen. Die würden erst wieder gekauft, wenn Ende Mai die Fußball-WM angekickt wird, heißt es unter Börsianern. (APA)