Wien - Eine Reduzierung der Unternehmensbesteuerung, die Entlastung des Faktors Arbeit, eine Entrümpelung der Rechtsordnung, Bürokratieabbau und Gebührenerhöhungen nur nach Ausschöpfung von Rationalisierungspotenzialen hat der Wiener Wirtschaftskammer-Präsident Walter Nettig am Dienstagabend vor Journalisten gefordert. Die Abgabenquote müsse von derzeit knapp 46 Prozent des BIP auf unter 40 Prozent sinken. "Eine Senkung der Lohnnebenkosten führt zwangsläufig zu mehr Arbeitsplätzen", betonte Nettig. Die von der Bundesregierung angestrebte Senkung um knapp mehr als einen Prozentpunkt (1,1 Mrd. Euro österreichweit, in Wien rund 363 Mill. Euro) bringe der Wiener Wirtschaft laut einer Modellrechnung des Wirtschaftsforschungsinstituts innerhalb von zwei Jahren 3.000 zusätzliche Beschäftigte und einem halben Prozentpunkt mehr Wirtschaftswachstum. Die angestrebten Beitragsentlastungen seien erst zu einem geringen Teil umgesetzt, die Nettoentlastung betrage in Wien erst knapp 25. Mill. Euro. Größte Profiltaussichten für Wiener Betriebe Nettig rechnete vor, dass die Wiener Betriebe von einer solchen Senkung am meisten profitieren würden, weil die Bundeshauptstadt das höchste Lohnniveau Österreich zu verzeichnen habe. So würden etwa die durchschnittlichen jährlichen Personalkosten eines Wiener Bauunternehmers rund 37.800 Euro betragen, im Burgenland liege dieser Wert nur bei 24.00 Euro. "Eine Verringerung der Lohnnebenkosten im angestrebten Ausmaß bedeutet daher für einen Wiener Baubetrieb eine Ersparnis von jährlich 472 Euro pro Mitarbeiter", so Nettig. Forderungen zu konkreten Steuersätzen wollte Nettig keine stellen. Es sei aber klar, dass die Unternehmensbesteuerung ein wichtiger Faktor bei Ansiedlungs- und Investitionsentscheidungen sei: "Es ist undenkbar, dass wir als Einzige tatenlos zusehen, wenn alle anderen ihre Steuersysteme verändern und nach unten anpassen." Wien bei Gesamtbelastung unterdurchschnittlich Auch in Wien besteht für den WK-Präsidenten dringender Handlungsbedarf. Firmen, die kommunale Aufträge abwickeln, seien mit einer schleppenden Zahlungsabwicklung des öffentlichen Auftraggebers konfrontiert. "Ein Kapitel für sich" sind für Nettig die städtischen Gebühren. Wien liege bei der Gesamtbelastung bereits über dem Österreich-Durchschnitt. Außerdem könne es nicht der Weisheit letzter Schluss sein, bei mangelnder Kostendeckung einfach Gebühren zu erhöhen. "Man könnte dann ja auch argumentieren, dass das Wasser (mit einem Kostendeckungsgrad von rund 123 Prozent, Anm.) billiger werden muss." Bei Gebühren und Tarifen müssten Entwicklungs- und Rationalisierungspotenziale ausgelotet und konsequent umgesetzt werden. Erst dann seien Anpassungen mit Augenmaß denkbar. "Ein Körberlgeld auf dem Rücken der Unternehmer kann es aber nicht geben", stellte Nettig klar. (APA)