Etat
Berlusconi würde in Deutschland "Medienpopulismus" fördern
Italiens Premier könnte mehr politisches Gewicht in Europa anstreben
Silvio Berlusconi könnte den
"Medienpopulismus" auch in Deutschland weiter fördern, sollte er die
Mehrheit an den Kirch-Fernsehsendern wie SAT.1 und ProSieben
übernehmen. "Der italienische Ministerpräsident und Medienunternehmer
tritt als Person an die Fernsehzuschauer, die Wähler, heran und
stellt über die Medien, vor allem über seine eigenen, ein
vermeintlich direkte Beziehung mit den Menschen her", erläuterte die
Kommunikationswissenschaftlerin Maria Lauber vom Institut für
Journalistik und Kommunikationswissenschaft der Universität Hamburg
in einem dpa-Gespräch. Berlusconi und der anglo-amerikanische
Medienunternehmer Rupert Murdoch gelten gegenwärtig als Favoriten für
die Übernahme der Kirch-Anteile an der ProSiebenSAT.1 Media AG.Wachstum und Wohlstand
Berlusconi verspreche in seinen Privatsendern rund um die Uhr
Wachstum und Wohlstand und transportiere die Botschaft: "Alles wird
gut". Bekäme er einen höheren Einfluss auf Kirch-Sender wie ProSieben
oder SAT.1, könnte Berlusconi nach Einschätzung der Dozentin
versuchen, in Deutschland und darüber hinaus europaweit mehr
politisches Gewicht zu bekommen. Berlusconis Privatsender bieten nach
Angaben der Wissenschaftlerin ein oberflächliches Programm, das von
Unterhaltung, besonders von stundenlangen Spielshows, dominiert wird.
Solche Shows müssten für das deutsche Fernsehen modifiziert werden,
fänden angesichts des bereits existierenden Angebots aber dann auch
ihre Klientel. Unterhaltung sei auch Trumpf bei Fußballsendungen, wo
spärlich bekleidete Frauen durchs Programm tanzten und Moderatoren
stundenlang über Fußball redeten, ohne dass Spiele gezeigt würden.
"Politik verkommt zum Spektakel"
Politik werde größtenteils in Talkshows abgehandelt, wobei
Berlusconi stets in irgend einer Form präsent sei. "Politik verkommt
zum Spektakel", bilanzierte die Wissenschaftlerin. Die
Hauptnachrichtensendungen der öffentlich-rechtlichen italienischen
Sender hätten sich den Vorgaben der privaten angepasst und brächten
vermehrt unterhaltsame Themen, unter anderem zu Gesundheit, Wellness,
Schönheit. "Das Fernsehen vereinheitlicht die Denkstrukturen, es ist
schönfärberisch und das passt zu Berlusconis Botschaft", resümierte
die Expertin. (APA/dpa)