Wien - Dass Maria Vogt mit der europäischen Agrarpolitik zufrieden wäre, kann man kaum behaupten. "Aber das am Fischler aufzuhängen, das ist falsch. Ein Verräter is' er net," sagt die Kleinbäuerin aus dem niederösterreichischen Obers- dorf, eine halbe Autostunde nördlich von Wien, ganz ausdrücklich. Den Vorwurf von Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer, Agrarkommissär Franz Fischler habe die österreichischen Bauern verraten, kann sie nicht nachvollziehen. Die Dinge lägen komplizierter.

"Wer vertritt denn überhaupt die Kleinbauern?", fragt die Frau und schlägt einen weiten Bogen von ihrer Arbeitswelt mit 20 Milchschafen, Gemüse, Wein und etwas Getreide zum Weltmarkt für Agrarprodukte: "Ich fühle mich nicht von Fischler vertreten; der kommt aus dem Bauernbund und von dem fühle ich mich auch nicht vertreten - weil es da Tendenzen zu einer weltmarktorientierten Landwirtschaft gibt." Deshalb ist sie, obwohl Obersdorf nun wirklich kein Bergbauerngebiet ist, der Bergbauernvereinigung beigetreten. Ist dort heute die Obfrau. Betreibt Lobbying für Kleinbauern.

Und tritt gegen die Ängste auf, die von der FPÖ gegen die Osterweiterung geschürt werden: "Uns betrifft das überhaupt nicht. Eher vielleicht die großen Betriebe." Frau Vogt nämlich verkauft ihren Schafskäse an Heurigenlokale, ihr Lammfleisch wird ebenso direkt vermarktet wie das Gemüse. Da braucht sie keine Konkurrenz zu scheuen.

Wer allerdings in der Massenproduktion verhaftet ist, der tut sich schwerer - aber genau deswegen gibt es das ÖPUL-Programm, das zur Hälfte von der EU (und zu 30 beziehungsweise 20 Prozent von Bund und Bundesland) finanziert wird und die Einkommen nach ökologischen Kriterien stützt. Darauf verweist auch Peter Schuhmacher, Bergbauer und Bauernbündler aus Annaberg-Lungötz im Salzburgischen. Auch er sieht sich von Fischler "sicher nicht verraten" - mit einem Zusatzeinkommen aus dem Tourismus könne man sehr wohl als Bergbauer überleben: "In unserem Ort hat in den letzten Jahren keiner aufgegeben, es ist sogar einer dazugekommen, der einen Hof bewirtschaftet, der vorher verpachtet war."

Zu Riess-Passer meint er: "Wenn die Frau Vizekanzlerin etwas für die Bauern tun will, dann soll sie in ihrer Fraktion dafür sorgen, dass bäuerliche Interessen wahrgenommen werden." Es gehe um österreichisches Geld, unterstreicht Peter Gumpinger, ein Innviertler Jungbauer, der "auch schon gegen Fischler demonstriert" hat, ihn aber "nicht als österreichischen Agarvertreter sehen" kann. Und bitte schön, "es war Fischler, der die Finanzierung des ÖPUL-Programms bis 2013 gesichert hat. Für eine Kürzung der Finanzmittel steht nicht ein Fischler, sondern der Finanzminister."

(DER STANDARD, Printausgabe, 11.4.2002)