Am Zürich-Kosmos-Gebäude in der Lassallestraße und in einem Container beim Burgtheater ist wieder "laser art" zu sehen: Diesmal Heimo Zobernigs Video "Nr. 20". Zobernig lädt zu einer berauschenden Fahrt auf die Hochschaubahn im Wiener Prater.Wien - Die Dinge sind nicht das, was sie scheinen: Was aussieht wie eine willkürliche Kritzelei, eine spontan entstandene Malerei oder eine virtuose Signatur, sind die "Wege" des Laserstrahls, der per Computer zufallsgeneriert Punkte einer Kugeloberfläche abtastet. Diese Sequenz in Heimo Zobernigs neuer Videoarbeit Nr. 20 lässt trotz der unorthodoxen Verwendung des Mediums Laser "Handschrift" erkennen. Zobernig versteigt sich nicht in Metaebenen. Er seziert Phänomene fast naturwissenschaftlich und präsentiert deren Bausteine - etwa industriell normierte Farben - in neuen Konstellationen. Das sind Untersuchungen an Elementen, um deren Potenzial auszutesten, in anderer Zusammensetzung andere Funktionen einzunehmen, andere Wirkungen, andere Bedeutungen zu generieren. "Kunst ist ein Suchen in unterschiedlichen Medien. Es geht um die Frage: Was könnte die Kunst da leisten? Vorankommen erfordert skeptische Überprüfungen. Dabei kommen viele Methoden zur Anwendung, nicht nur eine. Ich reagiere ad hoc. Ich weiß auch nicht immer, was werden wird. Mit Strategie käme man nicht sehr weit." Letztendlich lässt Zobernig seine Ergebnisse offen. Er fordert Weiterarbeit - ein. "Ich habe noch nie erlebt, dass eine Interpretation meiner Arbeit gänzlich schief gegangen wäre!" Und dabei gehen die Interpretationen von Kritikern und ähnlichen Auguren gerade bei ihm in alle Richtungen. Allein über das Bluebox-Blau im Video - einer fragmentierten Fahrt auf der Hochschaubahn, psychedelisch verfremdet und mit abstrakten Laser-Kritzeleien durchsetzt - könnte man Abhandlungen schreiben. Das Blau als Angebot des Einstieges ins Geschehen deuten. Heimo Zobernig lässt in der Reihe Laser Art im Gegensatz zu den vorhergehenden Projekten den Laser autonom strahlen. Er greift nicht rahmend oder hervorhebend ins Video ein. "Es existiert ein Mythos rund um den Laser. So besondere Sachen leistet der im Visuellen aber gar nicht. Weit mehr im technisch-wissenschaftlichen Bereich: messen, bestrahlen, abtasten." Eine Ebene der dichten Arbeit thematisiert die physiologischen und psychologischen Grundlagen von Wahrnehmung. Man verliert leicht den Überblick. "Der Besuch in einem Lunapark kann einem viele Glücksmomente bieten, die jenen der Kunsterfahrung durchaus vergleichbar sein können", sagt Zobernig - und verbindet die beiden Ebenen: "Physik versus Spiritus." Zobernig, Professor an der Akademie der bildenden Künste, ist weder vordergründig noch laut und ist "trotzdem" so etwas wie Österreichs bedeutendster zeitgenössischer Kunstexport. Die viel zitierte "expressive Tradition" des Landes hält er für eine "Konstruktion". "Es sind die Lauten, die man wahrnimmt. Und daran haben die Medien keinen kleinen Anteil. Aber das andere war auch immer existent." Andererseits konstatierte die Kuratorin der heurigen São-Paulo-Biennale, Zdenka Badovinac, eine große Menge an heimischen Kunstschaffenden, die quasi die Loos'sche Tradition weiterdenkt, etwa in der neuen elektronische Musik? Da ist Zobernig augenzwinkernd skeptisch: "Loos kam nicht so weit, dass man dies wieder brechen könnte." Humor als Kategorie nimmt gerade in jüngster Zeit mehr Platz im Werk ein, man denke an das Video bei der letztjährigen Biennale Venedig, in dem er höchstselbst in einem abstrakten Bettdecken-Bild sich in endlos-absurde Zu- und Abdeckübungen verstrickt - zur Gänze unvirtuos. Zobernig ist ein Künstler der neuen Schule, ein Kulturproduzent, der Musik und Performance ebenso in seine Arbeit integriert wie Möbeldesign oder Architektur. Ob er sich nicht etwas benützt fühlt, wenn er "vorgeschoben" wird, im Rahmen seiner kommenden Personale im Mumok (Dezember 2002) die Hallenausstellungstauglich zu gestalten? "Das ist ein bewusster Einsatz des Missbrauchs von Kunst." Privilegiert fühle er sich schon, meint Zobernig, der sich längst in so was wie den Kunst-Olymp manövriert hat. "Erfolg bedeutet bessere Produktionsbedingungen." Was noch zu machen wäre? "Da gibt es jede Menge Perspektiven: vielleicht Kameramann für 'Universum', möglichst weit weg." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12. 4. 2002)