Inland
Finanzministerium lässt sich die "Null" im Defizit viel kosten
Kritik der Grünen am Werbeetat für Öffentlichkeitsarbeit
Wien - Um die Leistungen des eigenen Ministeriums unter die Leute zu bringen, ist Finanzminister Karl-Heinz Grasser weit weniger
knausrig als beim Nulldefizit. Insbesondere
für den im November 2001 veröffentlichten
Offenen Brief der Bundesregierung betreffend
das Nulldefizit griff er tief in die Schatulle, um
exakt 409.474,80 Euro herauszunehmen. Die
Information der in- und ausländischen Öffentlichkeit kostete also umgerechnet 5,64
Millionen Schilling - Inserate in Medien und
Agenturleistungen inklusive. Dies geht aus
einer parlamentarischen Anfrage der grünen
Telekomsprecherin Gabriela Moser hervor.Keine persönliche PR-Beratung
Allein die von der PR-Agentur Dr. Hochegger GmbH erbrachte grafische Gestaltung,
Layout, Produktions- und Drucküberwachung, Koordination und Organisation des offenen Briefs der Bundesregierung kostete
18.243,79 Euro. Kommentar der Grün-Mandatarin: „Blanker Irrsinn.“ Mit der PR-mäßigen
Unterstützung durch Hochegger, die auch mit
der Telekom Austria rege Geschäfte verbindet,
scheint Grasser sehr zufrieden zu sein, blätterte er dafür im Vorjahr 139.531,84 Euro hin und
verlängerte den Etat gleich für 2002 wo umgerechnet ebenfalls rund 1,7 Millionen Schilling
fließen. Grasser betont dabei, dass er persönlich nicht PR-mäßig beraten werde. Was Moser ihm nicht abnimmt, denn er bleibe Details
zu den erbrachten Leistungen schuldig.
Auch Euro war teuer
Werbekampagnen setzten freilich auch frühere Regierungen ein, die rot-schwarze Vorgängerkoalition etwa gab für die von 1997 bis
2000 laufende Euro-Kampagne 7,76 Millionen
Euro aus, also knapp 107 Millionen Schilling.
Für die Vermarktung der Steuerreform 2000
habe sein Vorgänger Rudolf Edlinger 172.638
Euro veranschlagt, gibt Grasser an. Insgesamt
seien damals für Informations- und Inseratenkampagnen zu den Themen Steuerreform und
Familiensteuer 9,24 Millionen Euro geflossen.
Sein PR-Budget sehe heuer insgesamt nur
690.827,97 Euro vor.
Übrigens: Von seinem Plan, heuer keine
weiteren Inserate und Anzeigenkampagnen
zu starten, ist Grasser abgekommen: Heute,
Freitag, präsentieren fünf Agenturen ihre
Ideen für eine zwei Millionen Euro schwere
Informations- und Kommunikationsoffensive
für Klein- und Mittelbetriebe. Die Bewerber:
Publico ECC, Icons, Temel & Seywald, Matrix
und Hochegger.com. Letzteren werden beste
Chancen eingeräumt, den Zuschlag zu erhalten. Hochegger sollen den Finanzminister zu
der Kampagne, die die Wirtschaftsförderung
der Regierung ins rechte Licht rücken soll, in
spiriert haben, heißt es im Ministerbüro.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.04.2002)