Cambridge/Wien - RX J1856 hat es Jeremy Drake angetan. In dem 360 Lichtjahre entfernten Stern vermutet der Astronom des Harvard-Smithsonian Centre for Astrophysics in Massachusetts einen Quark. Jenen Typus Stern also, der seit den 80er-Jahren als Objekt aus extrem entarteter Materie beschrieben wird - in der Theorie.Was Drake da im Chandra-Röntgenteleskop beobachtet und der Presse präsentiert hat, soll also entartete Materie, wie sie in Neutronensternen vorkommt, noch übertreffen. Schon diese ist so dicht, dass ein Teelöffel eine Milliarde Tonnen wiegt. Bei der nun vermuteten Materieform sind selbst die Elementarteilchen ineinander gequetscht, Dichte und Masse des Sterns somit noch größer, das Gravitationsfeld enorm. "Wenn es solche Objekte gibt, ist das ein Hammer, eine ganz bedeutende Entdeckung", kommentiert Werner Weiss, Astronom der Uni Wien, die mögliche Bestätigung der Theorie. "Bekannt war, dass es dort eine Röntgenquelle gab", auch habe man schon früher einen Neutronenstern darin gesehen. "Die Frage ist nun, mit welcher Präzision man den Radius dieser Neutronenquelle ableiten kann. Nur wenn der signifikant kleiner ist als bei einem Neutronenstern, kann man über total entartete Materie nachdenken", bleibt Weiss skeptisch. Im Moment seien die Fehlerquellen noch zu groß, um sicher zu sein. Der kleine Radius könne "auf eine Fülle von Fehlmessungen zurück-zuführen sein, wie zum Beispiel die Temperatur, die Leuchtkraft, die Entfernung. Keine dieser Größen ist trivial zu messen." Weiss' Fazit: "Eine schöne Spekulation, die sich vielleicht als wahr herausstellen wird." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.4.2002)