Augsburg – Für psychische Störungen wurden früher hauptsächlich soziale Faktoren verantwortlich gemacht, von Stress am Arbeitsplatz bis zu Problemen in der Partnerschaft. Doch mittlerweile gilt als bewiesen: Ob Depression, Schizophrenie oder Alzheimer – bei vielen psychischen Krankheiten sind die Gene mit im Spiel.

Zu solchen Leiden komme es erst, "wenn seelische Belastungen mit einer genetischen Veranlagung für eine solche Krankheit zusammentreffen", sagt der Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), Peter Falkai. Vererbt werde zwar nicht die Krankheit selbst, wohl aber das Erkrankungsrisiko.

Um diesem Risiko auf die Spur zu kommen, untersuchen Psychiater und Biologen, wie häufig psychische Krankheiten in Familien auftreten. Immer wichtiger wird laut Falkai auch die molekulargenetische Forschung, bei der jene Gene identifiziert werden sollen, die an der Entstehung der Störungen beteiligt sind. Sie bildeten den Ansatz für neue und wirkungsvollere Therapien, die speziell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt seien.

Großes Risiko

Bei Schizophrenie, Depression und Alzheimer bilden die Erbanlagen nach Angaben des Experten ein besonders großes Risiko. Leide ein eineiiger Zwilling an einer Depression, dann erkranke sein Zwillingspartner in 40 Prozent der Fälle ebenfalls. Bei Menschen, in deren naher Verwandtschaft keine Depressionen vorkämen, liege die Wahrscheinlichkeit hingegen nur bei zwei bis fünf Prozent. Verantwortlich scheine aber nicht ein einzelnes Depressions-Gen zu sein, sondern mehrere Bausteine, die wie ein kompliziertes Puzzle über das ganze Erbgut verteilt seien, berichtet Falkai.

Auch geschlechtsspezifische Unterschiede haben ihre Ursache nach Erkenntnissen der Wissenschaftler möglicherweise zum Teil im Erbgut: Frauen erkranken zwei bis drei Mal so häufig an einer Depression wie Männer. Dabei könnten Mutationen auf dem X-Chromosom eine Rolle spielen.

Schizophrenie: 50 Prozent genetisch bedingt

Schizophrene Psychosen sind nach Angaben der Fachgesellschaft zu etwa 50 Prozent genetisch bedingt. Auch hier entfalteten mehrere Gene im Wechselspiel mit Umweltfaktoren wie Geburts- oder Schwangerschaftskomplikationen ihre Wirkung. Einige der verantwortlichen Gene sollen nach derzeitigen Erkenntnissen auf den Chromosomen acht und neun sitzen.

"Derartige Forschungen sind auch wichtig für die Therapie mit Medikamenten", betont Falkai. Die Tatsache, dass Patienten sehr verschieden auf Psychopharmaka ansprächen und ganz unterschiedliche Nebenwirkungen auftreten könnten, habe höchstwahrscheinlich gleichfalls genetische Ursachen. (APA/AP)