Zeit
Grabfunde bei Leibnitz: "Barbaren" kamen früher und waren friedlich
Umfangreiche Dokumentation über spätantikes Gräberfeld in Frauenberg erschienen
Graz - Interessante Aufschlüsse über eine multikulturelle
Gesellschaft in der Zeit der beginnenden Völkerwanderung haben
archäologische Forschungen am Frauenberg bei Leibnitz erbracht.
Früher als vermutet dürfte sich das römische Reich aus seinen
Randprovinzen zurückgezogen haben, wie germanische und
reiternomadische Einflüsse bei einigen der Fundstücke in dem
spätantiken Gräberfeld andeuten. Die Grabungsbefunde aus den 1990er
Jahren haben nun in einer umfangreichen Dokumentation Niederschlag
gefunden.Romanisierte Bevölkerung aus Flavia Solva
Der Frauenberg ist seit Jahrtausenden besiedelt und weist u.a.
eine römerzeitliche Tempelanlage auf. Das aus der Zeit zwischen etwa
350 und 450 nach Christus stammende Gräberfeld befindet sich auf
einer Terrasse am Südhang und weist 472 Bestattungen, mit wenigen
Ausnahmen Körperbestattungen, auf. Aus den Funden zeigt sich laut
Archäologin Ulla Steinklauber, dass neben der romanisierten
Bevölkerung, die sich möglicherweise aus dem im Murtal gelegenen
Flavia Solva hierher zurückgezogen hat, auch "barbarische Migranten"
unter den Beerdigten waren.
Römische Grabsteine - Bestattungsform und Grabbeigaben
Diese Schlüsse lassen sich aus Bestattungsform und Grabbeigaben,
wie etwa bei den Römern unübliche Waffen, ziehen. Zudem wurden
nachweislich alte römische Grabsteine wiederverwendet, was auf einen
anderen kulturellen Hintergrund hinweist. Steinklauber bezeichnet
ihre Forschungsergebnisse, die nun gemeinsam mit Interpretationen aus
anthropologischer, numismatischer und textilkundlicher Sicht in
Buchform veröffentlicht wurden, als "Mosaiksteinchen in den
Überlegungen zu der Umbruchszeit der Völkerwanderung im
Ostalpenraum".
Reitervölker aus dem Osten und germanische Stämme
So sei die Einschätzung nicht von der Hand zu weisen,
dass nicht erst mit dem von Odoaker verordneten Abzug der Römer von
der Donau anno 488 in diesen Breiten große bevölkerungsmäßige
Umwälzungen stattfanden, sondern Reitervölker aus dem Osten und
germanische Stämme schon einige Zeit davor Fuß fassten. Alles deute
darauf hin, dass diese "Eindringlinge" friedlich mit den romanischen
bzw. romanisierten Einheimischen zusammenlebten.
Museum Frauenberg
Ein kleiner Teil der zahlreichen Fundstücke von kunstvollen Fibeln
über Ringe, Münzen und Messer wird im Museum Frauenberg gezeigt.
Anlässlich der Landesausstellung in Leibnitz 2004 hofft man, weitere
Objekte aus dem spätantiken Gräberfeld dem interessierten Publikum
präsentieren zu können. (APA)