Nahost
Israel: Mehr als 4000 Palästinenser festgenommen
Massengrab für 900 Palästinenser ausgehoben
Genf/Beirut/Jerusalem - Israel hält nach eigenen
Angaben seit Beginn der Militäroffensive im Westjordanland etwa 4180
Palästinenser fest. Darunter seien rund sechzig "hoch verdächtige",
sagte der israelische Botschafter am europäischen UNO-Sitz, Yaakov
Levy, am Freitag in Genf. Als Hochverdächtige bezeichnete er Menschen
"mit einer langen Liste mutmaßlicher Verbrechen". Israel werde jedoch
alle Unschuldigen frei lassen. "Wir haben kein Interesse, Unschuldige
festzuhalten", sagte der Botschafter. Eine große Zahl der
Festgenommenen werde jedoch verdächtigt, "bedeutende terroristische
Anschläge" verübt zu haben. Der israelische Informationsminister Yasser Abed Rabbo warf Israel
unterdessen vor, Massengräber für 900 Palästinenser ausgehoben zu
haben. Rund die Hälfte der beerdigten Menschen seien Frauen und
Kinder gewesen. Die israelische Armee versuche "die Wahrheit zu
verstecken", indem sie die internationale Presse daran hindere, vor
Ort zu recherchieren, schrieb Abed Rabbo in einem Brief an
internationale Staatschefs, Parlamentarier,
Nichtregierungsorganisationen und Presseorgane. Die israelische Armee
hatte zuvor von Hunderten toten und verletzten Palästinensern in
Jenin gesprochen. Israels Oberstes Gericht forderte indes die
Generalstaatsanwaltschaft auf, Behauptungen nachzugehen, dass die
Armee die Toten von Jenin in einem Massengrab bestatte.
Das Gericht erließ ferner eine einstweilige Anordnung, wonach die
Leichen getöteter Palästinenser im Flüchtlingslager Jenin nicht vor
einer Anhörung Sonntag früh beseitigt werden dürfen. Das meldete
Freitagabend die israelische Zeitung "Haaretz". Israelisch-arabische
Abgeordnete und Menschenrechtsorganisationen hatten das Gericht
angerufen, nachdem bekannt geworden war, dass die Armee als
Terroristen identifizierte Tote auf einem besonderen Friedhof im
Jordan-Tal beisetzen will.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nannte die
israelische Großoffensive im Westjordanland eine "kollektive
Bestrafung". "Das Verhalten der israelischen Armee ruft Beunruhigung
über das Ziel der Operation hervor", hieß es in einer am Freitag in
Beirut veröffentlichten Erklärung der Organisation. Dieses bestehe
darin, alle Palästinenser kollektiv zu bestrafen. Amnesty verurteilte
die Massenfestnahmen in Flüchtlingslagern nahe Tulkarem und
Bethlehem. Dort seien alle Männer zwischen 16 und 45 Jahren
"gefesselt und mit verbundenen Augen zusammengepfercht und
misshandelt" worden. Die "offenkundigen israelischen
Menschenrechtsverletzungen" hätten mit der am 29. März gestarteten
Offensive ein nie gekanntes Ausmaß erreicht, hieß es in der
Erklärung. (APA/AFP/dpa)