Oviedo - Am Ende benannten sie ihn doch: Loukas Papademos wird der neue Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Tücken der Technik und die Winkelzüge der Diplomatie brachten aber noch einmal Spannung in die Beratungen der EU-Wirtschafts- und Finanzminister bei ihrem informellen Ecofin-Ratstreffen am Wochenende im nordspanischen Oviedo.14 der 15 EU-Finanzminister hatten sich gewünscht, dass der derzeitige griechische Zentralbankchef Papademos ab Juni im Frankfurter Zentralbankturm den Posten des Franzosen Christian Noyer übernimmt. Nur der Belgier Didier Reynders sperrte sich bis zuletzt gegen die Einigung und hielt an seinem Kandidaten Paul de Grauwe fest. Das Mittagessen am Samstag, bei dem die Minister die Personalentscheidung verhandelten, zog sich daher länger hin als erwartet. Website-Panne Dazu trug auch ein Missgeschick der spanischen EU-Präsidentschaft bei. Kurz nach 15 Uhr wurde auf der offiziellen Website der Spanier verkündet, Papademos sei der gekürte Kandidat. Von einer Einigung konnte zu dieser Zeit aber noch keine Rede sein. Zuletzt gab Reynders dann doch nach und enthielt sich der Stimme. Damit war das nötige Einvernehmen hergestellt. Am heutigen Montag werden nun die EU-Außenminister in Luxemburg den Beschluss formal durchwinken. Bevor die Staats- und Regierungschefs dann offiziell ernennen, müssen noch die EZB und das Europäische Parlament ihre Stellungnahmen abgeben. Didier Reynders machte in Oviedo deutlich, dass sich Belgien nur dieses Mal geschlagen gibt. Im kommenden Jahr steht wieder eine Nachbesetzung im EZB-Direktorium an: Die Finnin Sirkka Hämäläinen wird turnusgemäß aus dem Gremium ausscheiden. Reynders meldete für das Amt vor den versammelten Medien gleich den Anspruch auf einen Benelux-Kandidaten an. Seine Ministerkollegen in Oviedo betonten jedoch immer wieder, dass über die Nachbesetzungen erst dann geredet werde, wenn sie anstünden. Mit anderen Worten: Es gab am Wochenende angeblich keine Paketlösung. Nächster Konflikt Aber Reynders sucht schon den nächsten Konflikt: Er ließ durchblicken, dass er sich auch einen Benelux-Kandidaten für die Nachfolge von EZB-Präsident Wim Duisenberg vorstellen könnte, der ebenfalls 2003 abtritt. Die Franzosen halten es demgegenüber für längst ausgemacht, dass sie den Nachfolger stellen. Bei all dem Postenschacher geriet in Oviedo ein anderes Machtspiel um die EZB ein wenig in den Hintergrund. Es geht um die Frage, ob und inwieweit die Zentralbank für eine künftige europäische Bankenaufsicht zuständig sein soll. Die Ecofin-Minister beschlossen nun, die entsprechenden deutsch-britischen Vorschläge und den eigenen Entwurf der EZB näher zu prüfen. (Jörg Wojahn, DER STANDARD, Printausgabe 15.4.2002)