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Porr-Chef Horst Pöchhacker: Das Phänomen von Scheinfirmen und Billigstbietern ist nicht neu, die Methoden werden nur immer dreister.

apa/gindl
Wien - Im Vorjahr gingen knapp 900 Baufirmen pleite. Ein Teil davon - die sich zwar Baufirma nennen, in Wirklichkeit aber keine sind - war wohl kalkuliert. Die Vorgangsweise ist immer dieselbe: Eine Baufirma wird gegründet, die dort beschäftigten Arbeiter werden unter dem Kollektivvertrag entlohnt, die Firma kann bei Aufträgen billiger als die Konkurrenz anbieten. Die unredlichen Firmengründer bekommen Anzahlungen, entrichten aber keine Steuern und Abgaben. Bis der Behördenapparat in Gang kommt, haben sich die Firmeneigentümer absentiert und die Gesellschaft in die Pleite geschickt. Dem Staat soll daraus im Vorjahr ein Schaden von 200 Mio. EURO entstanden sein. Schuld an dem Steuerausfall seien aber auch die konsequente Auftragsvergabe der öffentlichen Hand nach dem Billigstbieterprinzip, das den Bestbieter negiert, weiß der Sprecher der Bauindustrie, Porr-Chef Horst Pöchhacker. Es werde oft unter dem Selbstkostenpreis angeboten und plötzlich mitten in der Arbeit die Baustelle (aus welchen Gründen immer) verlassen. Das führe zu Qualitätsverlusten und Terminverzögerungen, die den Staat eben auch enormes Geld kosten, argumentiert Pöchhacker. Generalunternehmer Da es sich in der Regel um Subfirmen handelt, will das Finanzministerium nun die Generalunternehmen in die Pflicht nehmen und sie für den Steuerausfall der von ihnen beschäftigten Subfirmen haftbar machen. Im Gespräch ist eine Abzugssteuer. Dabei muss der Generalunternehmer von der Rechnung des Sublieferanten 15 Prozent direkt an das Finanzamt abführen. Damit soll vor allem der Vorsteuerbetrug eingedämmt werden. Außerdem wird an eine monatliche Umsatzsteuervoranmeldung gedacht. Zwar sei er dafür, "diesen Menschenhändlern einen Riegel vorzuschieben", sagt Pöchhacker im STANDARD-Gespräch. Aber er sei dagegen, dass sich der Staat seiner Kontrollpflichten entledige. Denn die Baufirmen seien weder Finanzamt noch Kriminalpolizei und schon gar nicht in der Lage, gefälschte Ausweise zu überprüfen. Die Bauwirtschaft sei bereit "Mitverantwortung zu übernehmen und darüber zu reden". "Aber es geht nicht, etwas gegen uns zu verordnen", erklärt Pöchhacker. Möglicherweise gebe es angesichts der Offensive für Firmenneugründungen zu liberale Gesetze, wo seitens der Behörden zu wenig kontrolliert werde, meint der Porr-Chef. "Verantwortung wird abgeschoben" Die geplante Haftung sei der einfachste Weg, indem man Verantwortung abschiebe. Das sei die falsche Privatisierung. In der Praxis gibt es einen Generalunternehmer, der die komplexen Abläufe koordiniert, dieser vergibt dann einen Teil der Aufträge an Subunternehmen, und die vergeben die Aufträge dann oft wieder an Subfirmen. Pöchhacker ortet bei der Diskussion eine Kampagne gegen die Generalunternehmer. Letztere kämen die Republik vor allem bei Großbaustellen billiger, so der Porr-Chef. Denn in der Praxis sei es unmöglich, einen Autobahnbau in zahllose kleine Baulose mit unterschiedlichen Auftragnehmern zu unterteilen. Hier müsse es Generalunternehmer geben, die alles koordinieren. (Claudia Ruff, Der Standard, Printausgabe, 15.04.02)