Es hat also wieder einmal gekracht bei einer Demonstration. Diesmal ist eine linke Gegenkundgebung zur rechten Kundgebung gegen die Wehrmachtsausstellung eskaliert. Rechtsradikale waren in die Schlacht am Heldenplatz freilich nicht involviert. Das hat die Polizei verhindert. Mit Prügeln für die "linken Chaoten".

Man sei überrascht gewesen von der "Gewaltbereitschaft der vermummten Manifestanten", hieß es bei den Sicherheitsbehörden. Wenn das tatsächlich stimmt, haben wir ein Problem. Denn diese Überraschung wird seit Jahrzehnten immer wieder beschworen. Und das ist ein Hinweis darauf, dass die Polizei mit derartigen Einsätzen ebenfalls seit Jahrzehnten überfordert sein könnte.

Dabei wäre in diesem Fall wohl schon im Vorfeld einiges an Deeskalation möglich gewesen. Allein beim Ansinnen, ausgerechnet auf dem Wiener Heldenplatz eine Kundgebung zum heroischen Andenken an die nationalsozialistische Wehrmacht zu veranstalten, müssten doch sämtliche Alarmglocken schrillen. Es wäre einfach und richtig gewesen, die Kundgebung zumindest zu verschieben. Laut Veranstaltungsgesetz muss das sogar geschehen, wenn mit "drohenden Verstößen gegen die öffentliche Sicherheit" zu rechnen sei.

Womit haben die zuständigen Beamten, angeführt vom Innenminister, denn sonst gerechnet? Dass es gegen die Beschwörung des ewig gestrigen Geistes keinen Widerstand geben werde? Diese Zeit ist glücklicherweise vorbei. Die Genehmigung zeugt von einer gehörigen Portion Ignoranz gegenüber der österreichischen Geschichte und deren - ohnehin sehr mühsamen - Aufarbeitung. Der braune Bodensatz wird freilich von diesem Durchhalten auf dem Heldenplatz noch lange zehren. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 15.4.2002)