Tel Aviv/Jerusalem - Bei der Suche nach Frieden im Nahen Osten haben US-Außenminister Colin Powell und Israels Ministerpräsident Ariel Sharon am Sonntag über eine internationale Nahost-Konferenz gesprochen. Sharon sagte, Powell stimme seiner Idee zu. Powells Delegation bestätigte dies nicht. Der US-Außenminister drängte Sharon zu einem weiteren Rückzug der israelischen Armee aus den besetzten Palästinensergebieten. Zuvor war Powell am Sonntag mit Palästinenserpräsident Yasser Arafat zusammengetroffen. Am Montag will er in den Libanon und nach Syrien reisen. Sharon sagte nach einer Unterredung mit Powell am Abend im Tel Aviv, der Außenminister habe seinen Vorschlag einer Nahost-Konferenz mit den USA als Gastgebern gebilligt. Den Vorschlag hatte Sharon vor der arabischen Gipfelkonferenz in Beirut im März gemacht und im israelischen Parlament wiederholt. Er habe nun auch Powell gesagt, "dass wir bereit sind zu einer Regionalkonferenz, an der eine Reihe von Staaten teilnehmen würden - Israel, Ägypten, die Saudis, Jordanien, Marokko und Repräsentanten der Palästinenser. Er muss nicht auf diese beschränkt bleiben." Sharon: "Diese Idee ist für die USA akzeptabel." Ein hochrangiges Mitglied der Delegation Powells bestätigte, der Minister habe mit Sharon über dessen Vorschlag gesprochen. Aber weder der Konferenzort, die Teilnehmer noch der Termin stünden fest. Es gebe noch viel zu besprechen, wie die Idee in die Tat umgesetzt werden könne. Zuvor hatte die US-Sicherheitsberaterin Condoleeza Rice in Washington den Vorschlag einer internationalen Nahost-Konferenz als verfrüht zurückgewiesen. Saeb Erekat, der Chefunterhändler der Palästinenser bei den früheren Verhandlungen über die Zukunft der besetzten Gebiete Westjordanland und Gaza-Steifen, nannte Sharons Idee "Zeitverschwendung". Es gebe keinen Ersatz für den arabischen Friedensplan von Beirut. Dieser sieht die Anerkennung Israels vor, wenn es sich hinter die Grenzen vom 4. Juni 1967 zurückzieht. Wenn Sharon Frieden wolle, könne er dem Plan zustimmen oder die Besetzung gleich beenden. Im Sechs-Tage-Krieg 1967 besetzte Israel die Altstadt Jerusalems und das restliche Westjordanland, den Gaza-Streifen und die syrischen Golan-Höhen. Powell habe gegenüber Sharon betont, wie besorgt er sei über die Lebensbedingungen der Palästinenser, besonders in der kürzlich noch umkämpften und jetzt abgeriegelten Stadt Jenin, sagte Powells Sprecher Richard Boucher in Jerusalem. Die hätten am Abend in Tel Aviv ein "sehr gute und eingehende Unterredung" gehabt. Powell habe "unsere starke Sorge über die humanitäre Situation, besonders in Jenin" unterstrichen, sagte Boucher. Das dortige Flüchtlingslager ist in mehrtägigen Kämpfen verwüstet worden. Die israelische Armee hat es nach der Kapitulation der letzten aufständischen Palästinenser geräumt, hält es aber abgeriegelt. Die Regierung Sharons betrachtet Jenin als eine der Brutstätten für Selbstmordanschläge der Art, wie Israel sie zum Anlass nahm, am Karfreitag die Offensive gegen den Aufstand auszuweiten. Boucher sagte, die USA nähmen zur Kenntnis, dass die israelischen Truppen den Abzug fortsetzten. "Der Minister drängte auf dessen Vervollständigung," sagte Boucher. Powell will am Montag einen Abstecher nach Libanon und Syrien machen, um dort über die Überfälle der radikalislamischen Hisbollah (Partei Gottes) an der Nordgrenze Israels zu sprechen. Das sei ein weiterer Anlass zu "großer und ernster Sorge", sagte Boucher, der darauf hinwies, dass es sich um einen von der UNO anerkannte Grenze handele. Es wird befürchtet, dass die Hisbollah Israel im Norden eine zweite Front aufzwingen könnte. Erekat hatte vor Bouchers Mitteilung gesagt, Powell werde Palästinenserpräsident Yasser Arafat möglicherweise am Dienstag ein zweites Mal treffen. Powell besuchte Arafat am Sonntag in dessen abgeriegelten Amtssitz in Ramallah. Anschließend wurden in Washington für Montag Waffenstillstandssondierungen amerikanischer und palästinensischer Delegierter angekündigt. (APA/Reuters)