STANDARD: Die Regierungsparteien schlagen Tschechien in Sachen Benes-Dekrete die Etablierung eines Entschädigungsfonds auf freiwilliger Basis vor. Ist dies eine Lösung, der Ihr Verband zustimmen kann?Zeihsel: Dieser Vorschlag ist eine Möglichkeit von vielen, die bei Verhandlungen herauskommen kann. Ich gehe aber nicht von dieser Forderung aus. Völkermord verjährt nicht. Wir treten nach wie vor vehement für eine Naturalrestitution ein. Lediglich dort, wo das nicht mehr geht, soll es Entschädigungszahlungen geben. STANDARD: Ihr Verband hat eine Art Sammelklage gegen Tschechien angekündigt. Wann wird die eingebracht? Zeihsel: Eine Sammelklage ist weder nach österreichischem noch tschechischem Recht möglich. Es wird aber in den nächsten Monaten Musterprozesse in einigen tschechischen Städten geben. Fünf bis zehn Privatpersonen werden dann ihr geraubtes Vermögen einklagen. STANDARD: Was halten Sie vom Vorschlag des Völkerrechtlers Manfred Rotter, dass Österreich vor den Menschenrechts- Gerichtshof in Straßburg ziehen soll? Zeihsel: Das gefällt mir. Wir sind für die Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten. STANDARD: Für EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen spielen die Benes-Dekrete keine Rolle bei den Beitrittsverhandlungen. Gehört er- wie Wiens FP-Chef Hilmar Kabas meint - davongejagt? Zeihsel: Das ist vielleicht etwas zu stark ausgedrückt. Der Mann ist aber völlig überfordert. Da werden Gutachten von der EU zur Klärung dieser Frage in Auftrag gegeben, und er meint, dass dies gar nicht notwendig sei. Wir haben keine hohe Meinung von ihm. STANDARD: Glauben Sie ernsthaft, dass Österreich, wenn es keine Lösung gibt, ein Veto gegen den EU-Beitritt Tschechiens einlegen wird? Zeihsel: Beim Wiener FP- Landesparteitag am Sonntag hatte ich schon das Gefühl, dass es die FPÖ ernst meint. Es wäre auch von Tschechien sehr ungeschickt, wenn es keine Lösung gibt. Aber die Tschechen sind es zu sehr gewöhnt, Probleme auszusitzen. (DER STANDARD, Print- Ausgabe, 16. 4.2002)