Innsbruck - "Erstmals ist die Methode der Massenspektroskopie auch für biologisch relevante DNA-Proben zugänglich", berichtet Christian Huber, Chemiker der Uni Innsbruck. Seinem Team ist es in einem vom FWF geförderten Projekt gelungen, auch geringste DNA-Mengen für die Analyse mit der "molekularen Waage" aufzubereiten. Ein für die Gerichtsmedizin wichtiger Schritt, denn "viele Ansätze der letzten Jahre verliefen im Sand, weil sie nicht spezifisch oder sensitiv genug waren", so Walther Parson vom DNA-Zentrallabor in Innsbruck, das die DNA-Profile für das Innenministerium erstellt."Wir arbeiten mit minimalen Spurenproben, die DNA-Material in der Größenordnung von 100 Pikogramm (ein Zehntel von einem Milliardstelgramm, Anm.) enthalten." Solche Spuren können von Tatwerkzeugen stammen, auf denen Hautzellen identifiziert werden, oder von "Kussmarken" auf der Haut des Opfers eines Sexualdelikts. Die derzeit gängige Analysenmethode ist die Elektrophorese, mit der die Länge bestimmter DNA-Fragmente gemessen wird. Der neue Weg der Chemiker um Christian Huber: Sie messen statt der Länge die Masse von DNA-Molekülen. Damit die Massenspektroskopie zur DNA-Analyse eingesetzt werden kann, müssen die DNA-Bestandteile der Probe zuerst vom Rest der Mischung getrennt werden - mittels Flüssigkeitschromatographie, einem "molekularen Sortierverfahren". Erstmals wurden diese Verfahren ohne Zwischenschritte gekoppelt. 20-mal verkleinert Die Flüssigkeitschromatographie beruht darauf, dass die Probe sich auf eine flüssige und eine feste Phase aufteilt. Die feste, ein poröser Kunststoff, steckt in einem dünnen Rohr. Dieses hatte früher einen Innendurchmesser von vier Millimetern. Die Innsbrucker haben es auf 0,2 Millimeter, also ein Zwanzigstel, "miniaturisiert". Daher reichen nun geringste Proben aus. Die flüssige Phase wird durch die feste Phase gepumpt, relevante Probenbestandteile bleiben aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften länger in den Poren hängen. So werden sie vom Rest des Materials getrennt und danach direkt der Massenspektroskopie zugeführt. Diese kann minimale Massenunterschiede aufspüren, die zeigen, ob die DNA des Verdächtigen und die der Spurenprobe gleich oder verschieden sind. Sie erlauben es zum Beispiel, einen Sexualtäter zu identifizieren. In der Gerichtsmedizin werden dazu mehrere Genomstellen in einem charakteristischen DNA-Profil untersucht. "Statistisch gesehen müssen mindestens eine Milliarde unverwandter Personen untersucht werden, um so ein Profil in der Bevölkerung zufällig ein zweites Mal zu finden", erklärt Parson. Der Molekularbiologe sieht die Vorteile der Massenspektroskopie in "der hohen Präzision, einer hohen Automatisierbarkeit und darin, dass man damit viele Proben in kurzer Zeit bewältigt, was im Hinblick auf die expandierenden DNA-Datenbanken unerlässlich ist". An der Innsbrucker Gerichtsmedizin wurde die neue Methode bereits erfolgreich getestet. Nun soll sie auch für Routineuntersuchungen zugänglich gemacht werden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.4.2002)