Im Rahmen des größten Schlags gegen Kinderpornografie
im Internet, der jemals in Österreich in Angriff genommen wurde, sind
heute, Dienstag, 311 Hausdurchsuchungen bei 275 Verdächtigen
durchgeführt worden. Die österreichweite Aktion, zu der Einsatzkräfte
am Dienstag gegen 5.00 Uhr ausgerückt waren, war am Nachmittag noch
im Gange. Ersten Erkenntnissen zufolge dürfte sich der Verdacht in
vielen Fällen bestätigt haben. "Wir waren selber überrascht darüber,
wie groß diese Zahl ist", sagte Herwig Haidinger, Leiter der
österreichischen Kriminalpolizei, bei einer Pressekonferenz in Wien. Unter den Verdächtigten waren Hilfsarbeiter genauso wie
Universitätsprofessoren. Bei einem Lehrer aus dem Bezirk
Wien-Umgebung in Niederösterreich musste die Polizei einen
Kleinlaster anfordern, um kinderpornografisches Material
abtransportieren zu können. Weiters waren zwei Journalisten und ein
Wiener Bezirkspolitiker von der Amtshandlung betroffen.
Drei Viertel der bekannten Internet-Kriminalität ist Kinderporno
Der Anteil des Deliktes Kinderpornografie an allen
derzeit in Österreich bekannt gewordenen strafbaren
Internet-Handlungen beträgt rund 75 Prozent, berichtet Rudolf Gross,
Leiter der Kinderpornomeldestelle im Innenministerium. Die Zahl der
bei seiner Behörde gemeldeten Fälle ist in den vergangenen vier
Jahren dramatisch angestiegen:
2001 langten 2.337 Hinweise auf solche Taten ein. 2000 waren es
1.706 gewesen - dies bedeutet einen Zuwachs von 631 Meldungen, also
rund 37 Prozent. 1999 hatte es laut Innenministerium bloß 504, 1998
nur 389 solche Meldungen gegeben.
Stark wachsende Zahl der Berichte bei der Meldestelle
Von den 2.337 Hinweisen im Vorjahr waren 343 verwertbar (2000:
595), 85 hatten einen Inlands-Bezug (2000: 47). Insgesamt wurden von
den speziell geschulten Fahndern im Vorjahr 3.719 einschlägige
Netadressen besucht, im Jahr 2000 waren es 3.993 gewesen. 13 konkrete
Amtshandlungen resultierten 2001 aus den umfangreichen
Computerermittlungen (2000: elf).
Die Hauptgründe für den Anstieg der Meldungen: Einerseits gibt es
immer mehr User, andererseits sei die Software leichter zugänglich
geworden - neue Filesharing-Programme machen es den Experten zufolge
wesentlich einfacher, Kinderpornografie im Tauschwege zu bekommen.
Überdies ist die Dunkelziffer beim Cybercrime extrem hoch: Laut
Innenministerium sind seriöse Schätzungen hier nahezu unmöglich.
Österreichische Internet-Videobestellungen von Missbrauch mit Tötung
Ein besonders dramatischer Fall, der von den Ermittlungsbehörden
kürzlich dokumentiert wurde: Durch die Auswertung von Datenträgern
habe man den Nachweis erbringen können, dass österreichische
Staatsbürger über das Internet Videofilme und Bilder aus Russland
angekauft haben, die den sexuellen Missbrauch und die anschließende
Tötung von Kindern zeigten. Entsprechende Verfahren seien
anhängig.
Härtere Strafen
Die Strafen für das Handeln mit kinderpornografischen
Darstellungen sind erst kürzlich verschärft worden. "Der Gesetzgeber
wollte damit die Einfuhr, die Herstellung im eigenen Land und die
Verbreitung solcher Machwerke nach Möglichkeit unterbinden", sagte
dazu Thomas Sole, Leitender Staatsanwalt im Justizministerium, am
Dienstag. Oft ist es allerdings schwierig, die
Herkunft von Kinderpornos nachzuvollziehen: Die Produzenten finden
sich meist im Ausland, oft in Übersee und im osteuropäischen Raum.
Sechs Monate Haft wenn Bilder gespeichert werden
Der Großteil des Handels wird mittlerweile übers Internet
abgewickelt. Das "bloße" Betrachten von eindeutig sexuell
ausgerichteten Bildern mit Unmündigen - das sind Jugendliche unter 14
Jahren - ist noch nicht unter Strafe gestellt. Wer allerdings solche
Darstellungen auf seiner Festplatte speichert, muss im Fall einer
Verurteilung mit bis zu sechs Monaten Haft rechnen.
Zwei Jahre Haft für Händler
Während also der Par. 207 a Strafgesetzbuch für "bloße"
Konsumenten noch vergleichsweise geringe Sanktionen vorsieht, drohen
den Produzenten bzw. Händlern bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe.
Dabei reicht es schon aus, wenn beim Betrachter nur der Eindruck
erweckt wird, das abgebildete Kind wäre in eine geschlechtliche
Handlung verwickelt. Wer mit solchen Bildern gar gewerbsmäßig oder
als Teil einer Bande handelt, muss bei einer Verurteilung mit zu drei
Jahren Haft rechnen.
Im Jahr 2000 sind österreichweit 25 Personen rechtskräftig nach
dem Par. 207 a verurteilt worden. Das geht aus der Kriminalstatistik
der Statistik Austria hervor. 1999 hatte es 32 Verurteilungen
gegeben. Aktuelleres Material existiert noch nicht, da die Statistik
für 2001 erst Mitte des Jahres fertig gestellt sein wird, wie Ingrid
Wörgötter, zuständige Referentin im Justizministerium, erläuterte.
Davon abgesehen kommen natürlich weiter die traditionellen
Bestimmungen des Sexualstrafrechts zu tragen: Wer demnach selbst ein
Kind missbraucht und dies aufzeichnet, um es in einschlägigen Kreisen
anzubieten, wird primär wegen Beischlafs mit Unmündigen bzw.
Vergewaltigung angeklagt und nach den entsprechenden Normen
abgeurteilt werden. Dafür ist für Ersttäter ein Strafrahmen von bis
zu 20 Jahren vorgesehen. (APA)