Klagenfurt - Nachgiebig sei er gewesen, ein "wirklich freundlicher und engagierter Chef". Dass ihr ehemaliger Vorgesetzter jetzt auf der Anklagebank sitzt, kann die Zeugin nicht glauben. Und dass der Kinderarzt all die ihm zur Last gelegten Verbrechen begangen haben soll, will die Kindergärtnerin nicht glauben. Nicht Franz Wurst. Denn sie selbst hat doch seinerzeit im Klagenfurter Spital die ihr zur Betreuung überantworteten Kinder dem Mann zur Untersuchung geschickt.

Der Prozess gegen den Kinderpsychiater Franz Wurst und dessen 21-jährigen Ziehsohn wurde Dienstag am Klagenfurter Landesgericht fortgesetzt. Der Exprimar soll sein Patenkind zum Mord an seiner Ehefrau angestiftet und jahrelang Kindern sexuelle Gewalt angetan haben. Patensohn Thomas H. legte bereits ein Geständnis ab: Er habe dem Arzt sexuell zu Diensten sein müssen, habe dafür Geld erhalten. Die Frau des Arztes habe sterben müssen, nachdem diese den Geldfluss für ihren Mann gekürzt habe. Für Wurst alles "faustdicke Lügen", es sei unschuldig.

"Er war der einzige Arzt, der bis in den späten Abend hinein Neuzugänge begutachtete", lobte die Zeugin den Angeklagten. Wenngleich sie nicht verstehe, warum er sich noch zu Schlafenszeiten mit den Kindern befasste. Doch dass eines danach "verändert" gewesen wäre, habe sie nie festgestellt. Welche Kinder? "Stricher, Neurotiker, Psychopathen, Homosexuelle, frühzeitig Straffällige." Und die von diesen Patienten geäußerten Schimpfwörter wie "schwule Sau" seien sicher "nicht allein gegen Wurst, sondern gegen das gesamte Personal gerichtet" gewesen. Der Strafprozess wird fortgesetzt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17. 4. 2002, APA/red)