International
Bin Laden konnte wegen Fehler des US-Militärs fliehen
Geheimdienste kritisieren Armeeführung
Washington/Bagram - Der mutmaßliche Terroristenchef
Osama bin Laden hat nach Einschätzung der US-Geheimdienste wegen
schwerer Fehler der US-Militärführung im vergangenen Herbst aus
Afghanistan entkommen können. Es sei falsch gewesen, dass die
US-Armee sich nicht früher in die Bodenkämpfe um den Höhlenkomplex
Tora Bora eingeschaltet habe, sagte ein hochrangiger
US-Terrorabwehr-Spezialist der Tageszeitung "Washington Post" vom
Mittwoch. Bin Laden habe sich vermutlich in den ersten zehn Tagen der
Bombenangriffe aus dem unterirdischen Versteck abgesetzt. Geheimagenten und Militärangehörige kritisierten hinter
verschlossenen Türen vor allem den US-Oberbefehlshaber Tommy Franks,
berichtete die "Washington Post" weiter. Dieser habe die Lage in
Afghanistan falsch eingeschätzt, weil er selbst die
Afghanistan-Offensive von Tampa im US-Bundesstaat Florida aus
geleitet habe, ohne einen hochrangigen Offizier vor Ort zu haben.
Niemand habe einen Überblick gehabt, sagte ein Vertreter des
Verteidigungsministeriums dem Blatt.
Vor allem die Interessen der afghanischen Verbündeten seien nicht
richtig eingeschätzt worden. So hätten einige korrupte örtliche
Anführer die Bergbastion nicht richtig abgeriegelt, andere hätten
El-Kaida-Kämpfern sogar zur Flucht verholfen, berichtete die Zeitung
unter Berufung auf mehrere Agenten und Militärvertreter. Die Schlacht
um den Höhlenkomplex Tora Bora hatte am 30. November begonnen. Die
US-Armee hatte die Bergregion im Osten Afghanistans zunächst nur aus
der Luft angegriffen, während afghanische Kämpfer im Bodenkampf in
das Tunnelsystem eindrangen. US-Elitesoldaten beteiligten sich erst
nach Wochen an der Suche. (APA)