International
Wiesenthal besorgt über antisemitische Anschläge
Im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt - Vereinigung internationaler Staatsanwälte überreicht Ehrenmedaille für Verfolgung von Nazi-Verbrechern
Wien - Der Leiter des jüdischen Dokumentationszentrums in
Wien, Simon Wiesenthal, hat sich besorgt über Anschläge auf jüdische
Einrichtungen in Europa im Zusammenhang mit der Eskalation im
Nahost-Konflikt geäußert. Er hält derartige Entwicklungen in
Österreich aber für unwahrscheinlich. "Natürlich bleibt so eine Sache
an mir hängen. Aber ich hoffe, dass die Bevölkerung in Österreich
gelernt hat, was in der Nazi-Zeit geschehen ist, und dass wir uns in
Österreich sicher fühlen können", sagte der 93-jährige am Rande einer
Auszeichnung der Internationale Staatsanwälte-Vereinigung am Mittwoch
in Wien."Keine Massenbewegung in Österreich"
Angesprochen auf die Gefahr antisemitischer Übergriffe vor dem
Hintergrund des Nahost-Konflikts in Österreich, sagte Wiesenthal: "Es
gibt einzelne Leute, aber es gibt keine Massenbewegung, und das ist
gut. Der Nazismus wird sich in Österreich nicht wiederholen."
Wiesenthal erinnerte daran, dass es in der Geschichte immer wieder zu
Anschlägen auf jüdische Synagogen gekommen sei. "Es hat bisher noch
niemand eine Medizin gegen den Antisemitismus erfunden."
In den vergangen Wochen ist es in Frankreich und Belgien zu
Anschlägen und gewaltsamen Übergriffen auf jüdische Personen und
Einrichtungen gekommen. Die Taten stehen offenbar in Zusammenhang mit
der israelischen Militäroffensive gegen die Palästinenser und der
Eskalation der Gewalt im Nahen Osten.
Mehr als 1000 Verbrechen vor Gericht gebracht
Für seine Verdienste zur weltweiten Verfolgung von
Nazi-Verbrechern über mehr als 50 Jahre ist Wiesenthal am
mit der Ehrenmedaille der Internationalen
Vereinigung der Staatsanwälte (IAP) ausgezeichnet worden. Der
Vizepräsident der Organisation, der kanadische Generalstaatsanwalt
Daniel A. Bellemare, erinnerte in seiner Laudatio daran, dass der
heute 93-jährige Wiesenthal im Laufe seines Lebens mehr als 1000
Nazi-Verbrecher vor Gericht gebracht hatte. "Ihre Arbeit ist auch ein
Erbe für künftige Generationen", betonte Bellemare.
"Staatsanwälte brauchen gute Ermittler", sagte Bellemare, der an
einen Ausspruch Wiesenthals erinnerte, wonach das Auffinden von
Zeugen genau so wichtig sei wie die Ergreifung von Verbrechern. Trotz
des Horrors des Zweiten Weltkrieges und des NS-Regimes habe sich
Wiesenthal nicht von der Welt abgewandt, sondern "wirksam, fair und
unparteiisch" nach Nazi-Verbrechern gefahndet. Dabei habe er stets
nach dem Motto "Gerechtigkeit - nicht Rache" gehandelt, sagte der
IAP-Vizepräsident. (APA)