Nach dem Rücktritt von Premier Wim Kok und seiner Regierung haben die Oppositionsparteien in der Zweiten Kammer des Parlaments am Mittwoch überwiegend Respekt für diesen Schritt geäußert. "Wirklich tapfer" nannte Koks Schritt ein Sprecher der oppositionellen Sozialisten. Der Parteichef der Christdemokraten, Jan Peter Balkenende, erklärte, angesichts des Ernstes der Ereignisse in Srebrenica 1995 sei der Rücktritt gerechtfertigt gewesen.

Auch der Chef der regierenden Rechtsliberalen, Hans Dijkstal, sah sich "betroffen von der eindrucksvollen Erklärung Koks im Parlament". Die Rechtsliberalen hatten versucht, den Fall der Regierung zu verhindern und ihren Verteidigungsminister vom Rücktritt abzuhalten. Die deutlichste Kritik am Verhalten Koks kam von dem Rotterdamer Rechtspopulisten Pim Fortuyn, der zuvor Koks Rücktritt gefordert hatte, ihm jetzt aber ein "schlechtes Krisenmanagement" vorwarf, weil er abtrete und dabei Nebelkerzen werfe.

Niederlande nehmen keine Schuld auf sich

Kok hatte am Dienstagabend im Parlament eine Erklärung verlesen, in der er klargestellt hatte, dass die Schuld für das Massaker der Bevölkerung von Srebrenica 1995 bei den bosnischen Serben liege: "Die Niederlande nehmen keine Schuld auf sich für den grausamen Mord an Tausenden bosnischer Muslime 1995." Die internationale Gemeinschaft sei anonym und könne nicht auf eine sichtbare Weise Verantwortung übernehmen gegenüber den Opfern und Hinterbliebenen von Srebrenica: "Ich kann und will das auch nicht tun."

Nach dem Rücktritt der Regierung ist nun auch der Oberbefehlshaber der Armee, General Ad van Baal, zurückgetreten. Ihm wurde vorgeworfen, der Regierung wichtige Informationen über das Massaker vorenthalten zu haben. (DER STANDARD, Printausgabe, 18.4.2002)