Los Angeles - "Die 100 Prozent Schutz sind wirklich dramatisch." Linda Liau war begeistert. Die Neurochirurgin der University of California hatte eben die Ergebnisse von Rattenexperimenten gesehen: Liaus Impfstoff beugte gegen Gliome, die schlimmste, meist tödliche Art Hirntumor, vor.Die geimpften Krebsratten hatten eine Immunantwort auf ihre Tumoren entwickelt. Dabei machten sich die Forscher zunutze, dass das Immunsystem Eindringlinge abwehrt. Und spritzten mittels genetisch entschärfter Listeria-Bakterien Antigene in den Körper. Das sind Stoffe, die das Immunsystem als fremd erkennt und mit entsprechenden Antikörpern bekämpft. Aber das klappt bei Eiweißen aus Tumoren oft nicht. Daher - so Liaus Ansatz - muss man sie der Körperabwehr beibringen: "Unsere genveränderten Bakterien konnten die Aufmerksamkeit des Immunsystems auf sich und damit auf die Antigene ziehen." Und das Immunsystem war lernwillig, denn später injiziierte Krebszellen wurden sofort erkannt und mit Antikörpern eliminiert. Die Ergebnisse, die laut Uni noch diese Woche in Cancer Research publiziert werden, lassen sich noch nicht für den Menschen nützen. Denn dafür braucht es erst eine ungefährliche Listeria-Variante. Zweiter Grund, warum größere Therapieerfolge noch Jahre brauchen werden: Das verwendete Antigen provoziert die Abwehrreaktion nicht für andere Tumorarten. (rosch, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18. 4. 2002)