Unternehmen haben künftig die Pflicht, ihren MitarbeiterInnen einen "Gleichstellungsplan" vorzulegen. Außerdem werden Arbeitgeber, wenn sie sich Schadensersatzforderungen wegen sexueller Belästigung abwenden wollen, beweisen müssen, dass sie in ihrem Betrieb alle Vorsichtsmaßnahmen ergriffen hatten.Dies und die erste europaweite Definition des Begriffs "sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz" ist Inhalt einer EU-Richtlinie, die am Mittwochabend in Brüssel endgültig auf den Weg gebracht wurde. Nach der Einigung zwischen Europaparlament und Ministerrat im Vermittlungsausschuss können die neuen Vorschriften 2005 in Kraft treten. Sie erweitern die Wirkung der Gleichbehandlungsrichtlinie von 1976 insbesondere im Bereich der Belästigungen durch Chefs und Kollegen. 40 bis 50 Prozent der Frauen und zehn Prozent der Männer werden im Laufe ihres Arbeitslebens Opfer solcher Übergriffe, so eine Studie der EU-Kommission. Obergrenzen für den Schadenersatz in solchen Fällen künftig nicht mehr geben dürfen. Auch die neue Beweislastregel erleichtert den Opfern die Durchsetzung ihrer Ansprüche. Den Unternehmen wird damit gleichzeitig eine höhere Verantwortung dafür auferlegt, sexuelle Belästigungen im Betrieb zu verhindern, wenn sie nicht im Streitfall zahlen wollen. Gleichstellungspläne Damit werden die Unternehmen indirekt auch dazu gebracht, die "Gleichstellungspläne" auszuarbeiten, die sie künftig ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werden vorlegen müssen. Entscheidend wird künftig unter anderem die gemeinsame Definition des Begriffs "sexuelle Belästigung" sein. Erfasst ist davon jede Form eines "unerwünschten verbalen, nicht verbalen oder physischen Verhaltens sexueller Natur mit der Absicht oder Wirkung, die Würde einer Person zu verletzen, insbesondere durch die Schaffung einer einschüchternden, feindlichen, herabsetzenden, demütigenden oder feindlichen Umgebung". In Folge der Richtlinie wird zwar auch Österreich seine gesetzliche Definition ändern müssen. Das Grundkonzept der neuen EU-Norm ist dort aber schon durch das Gleichbehandlungsgesetz von 1998 verwirklich. Auch in diesem spielt "eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt" rechtlich eine entscheidende Rolle. Weniger betroffen als andere Länder ist Österreich auch durch die Verpflichtung, Vaterschaftsurlaub einzuführen. DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 19.4.2002