Parlament
ÖVP und FPÖ verlangen Rücktritt Edlingers
SP-Budgetsprecher erneuert "Ausdruck des Bedauerns" für seinen Zwischenruf - Schwarzblaue Abgeordnete verlassen währenddessen den Sitzungssaal
Wien - SPÖ-Abg. Rudolf Edlinger hat am Donnerstag seinen
gestrigen "Sieg-Heil"-Zwischenruf "mit dem Ausdruck des Bedauerns"
zurückgenommen. Die Abgeordneten von ÖVP und FPÖ waren dabei
allerdings nicht mehr im Sitzungssaal. Sie hatten unter Kritik an dem
Zwischenruf während einer Rede der FPÖ-Abg. Helene Patrik-Pable
demonstrativ den Saal verlassen. Nach Edlingers Rede kehrten sie
wieder auf ihre Plätze zurück. "Ich stehe nicht an, festzustellen, dass die gewählte Form
unpassend war", sagte Edlinger. Er verwies aber darauf, dass sein
Zwischenruf "der emotionellen Situation" während Partik-Pables Rede
entsprungen sei. Die Freiheitliche habe nur Schuldzuweisungen in
Richtung Opposition geäußert, "ohne auch nur ein Wort darüber zu
verlieren, dass zum ersten Mal seit 1945 unter Genehmigung der
Bundesregierung Neonazis am Heldenplatz aufmarschieren konnten."
Edlinger bat "um Verständnis dafür, dass ein alter Politiker, der
seit seiner Jugend antifaschistisch engagiert ist, Gefühle und
Emotionen haben darf".
In Wortmeldungen "zur Geschäftsordnung" hatten ÖVP und FPÖ vor
ihrem Auszug ihre Kritik deponiert: ÖVP-Klubobmann Andreas Khol
meinte, Edlinger habe mit seinem "nationalsozialistischen Zwischenruf
die Ehre des Hohen Hauses zutiefst beleidigt". Außerdem habe er
versucht, damit einen Teil des Hohen Hauses als nationalsozialistisch
zu "denunzieren". Eine gleiche Denunziation sei erst einmal
vorgekommen, als der Grüne Abg. Andreas Wabl im Nationalrat die
Hakenkreuzfahne zeigte.
FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler nannte Edlingers Zwischenruf
"verabscheuenswürdig". "Eine solche Parole darf im Hohen Haus ohne
Konsequenzen niemals gebraucht werden". Neuerlich nahm Westenthaler
den Streit darüber auf, was Edlinger tatsächlich gesagt habe: Laut
Protokoll habe Edlinger nur "Sieg-Heil" gerufen und nicht, wie
seitens der SPÖ erklärt werde, vorher noch "jetzt fehlt nur noch..."
Niemand sei Edlinger näher gesessen als er - und er habe eindeutig
auch "jetzt fehlt nur noch... " gehört, hielt SPÖ-Klubobmann Josef
Cap dem entgegen. Dass das nicht im Protokoll stehe, liege wohl
daran, dass die Protokollführung weiter weg sitzt. Der Auszug der
Koalition sei "durchschaubar" - wenn man bedenke, dass sie gestern
zur Tatsache der rechtsextremen Kundgebung am Heldenplatz keine
klaren Worte gefunden habe.
Edlingers Aussage sei zwar "in höchstem Ausmaß unpassend und
bedauerlich" - aber für jeden politischen Beobachter sei auch klar,
dass sie nur "sarkastisch" und nicht im Sinn des Verbotsgesetzes
geäußert worden sei, stellte der Grüne Klubobmann Alexander Van der
Bellen fest. Außerdem erinnerte er die FPÖ daran, dass in ihren
Reihen der Abg. Reinhart Gaugg sitzt, der Nazi als "neu, attraktiv,
zielstrebig und ideenreich" buchstabiert hatte. "Höflich wie wir
sind" hätten die Grünen seinen Ausführungen im Nationalrat trotzdem
immer zugehört.
FP-Klubobmann Westenthaler hatte schon in der Fragestunde
Justizminister Dieter Böhmdorfer (F) auf eine rechtliche Einschätzung
des Edlinger-Zwischenrufes angesprochen. Böhmdorfer ließ sich auf den
konkreten Vorfall nicht ein, davon "abstrahiert" sei zu sagen: Eine
solche Parole sei "objektiv geeignet - ohne die subjektive Tatseite
zu kommentieren - den Tatbestand des Par. 3g Verbotsgesetzes zu
verwirklichen". (APA)