Moskau - Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Donnerstag in einer Rede zur Lage der Nation die Notwendigkeit eines fortgesetzten Wirtschaftsaufschwungs betont. "Die Erhöhung des Lebensstandards zählt zu den wichtigsten Aufgaben", sagte Putin zur Hälfte seiner Amtszeit im Kreml vor Abgeordneten, Ministern und Vertretern gesellschaftlicher Organisationen. Die Ansprache des Präsidenten wurde vom russischen Staatssender RTR landesweit direkt übertragen. Putin äußerte sich beunruhigt über die wachsende Gewalt gegen Ausländer in seinem Land. "Mit faschistischen und nationalistischen Parolen und Symbolen wird Jagd auf Ausländer gemacht, werden Menschen geschlagen und getötet", sagte Putin. Der Präsident kündigte ein neues Gesetz zur Bekämpfung des Extremismus im Land an. Russland stehe fest in der internationalen Koalition zur Bekämpfung des Terrorismus. "Wir arbeiten ständig an einer Verbesserung unseres Verhältnisses zu den USA und zur NATO", betonte Putin. Sein Land wolle allen ein zuverlässiger, strategischer Partner sein. "Platz an der Sonne" für Russland Präsident Putin erklärte in seiner dritten Rede zur Lage der Nation weiters: "Wir müssen selbst um unseren Platz an der Sonne kämpfen." Große Teile der Bevölkerung seien nach wie vor mit ihrer persönlichen Situation unzufrieden, sagte Putin und wies darauf hin, dass etwa 40 Millionen Bürger der Russischen Föderation in Armut lebten. Der Präsident kritisierte, dass bisher erst wenig Fortschritte in der Reform der Verwaltung erzielt worden seien. Verstärkt werden müsse vor allem der Kampf gegen die Korruption in der Bürokratie und der Abbau von einengenden Regulierungen in der Volkswirtschaft. In der Außenpolitik sprach sich der Präsident für einen pragmatischen Kurs aus. Vorrang habe eine enge Zusammenarbeit mit den anderen ehemaligen Sowjetrepubliken in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Als wichtiges Ziel der Außenhandelspolitik nannte Putin die geplante Aufnahme in die Welthandelsorganisation (WTO). Putin forderte zudem seine Regierung auf, die Ziele für das Wirtschaftswachstum höher zu setzen, um den Abstand zu den Staaten des Westens zu verringern. "Ich habe immer wieder gesagt, Russland braucht eine ehrgeizigere Politik, und eine größere Rate des Wirtschaftswachstums." Genauere Vorschläge, wie dies geschehen solle, machte er nicht. Regierungsmitglieder hatten davor gewarnt, dass ein zu starkes Vorantreiben des Wachstums das Land destabilisieren könnte. Der Regierung warf Putin vor, die Wachstumsziele zu niedrig anzusetzen. Damit Russland ein vollwertiges Mitglied der internationalen Gemeinschaft und ein ernst zu nehmender Wettbewerber werde, müsse die Wirtschaft so schnell wie möglich wachsen. Andernfalls würden die politischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten Russlands weniger werden. Putin kritisierte, die bescheidenen Wachstumsziele der Regierung entsprächen nicht den Erwartungen der Öffentlichkeit. Die Bevölkerung brauche konkrete Hinweise, dass sich ihre Lebensverhältnisse verbesserten. Das durchschnittliche Monatseinkommen liegt in Russland unter 100 Dollar. Im kommenden Jahr stehen in Russland Parlamentswahlen, im darauf folgenden Jahr Präsidentenwahlen an. Der Berater des Präsidialamtes Andrei Illarionow hatte ein jährliches Wachstum von acht Prozent gefordert. Für 2001 war jedoch lediglich ein Wachstum von fünf Prozent vorhergesagt worden. Im vergangenen Jahr hatte sich das Wirtschaftswachstum verlangsamt, nachdem es 2000 noch bei neun Prozent gelegen hatte. (APA/dpa)