Jerusalem - Mehrere Menschenrechtsorganisationen haben
am Donnerstag in Jerusalem ein düsteres Bild der Lage in Jenin
gezeichnet. Nach ihren Angaben sind bei Gefechten zwischen
israelischen Soldaten und palästinensischen Kämpfern in dem
Flüchtlingslager der Stadt mindestens 300 Menschen ums Leben
gekommen. Zwischen 8.000 und 13.500 Menschen würden vermisst, teilte
die Organisation Rechtsanwälte für Menschenrechte mit. Die meisten
Angaben fußten auf Berichten von Augenzeugen.
"Wo sind all die Leichen? Wo sind all die Verwundeten?" fragte
Javier Zuniga von Amnesty International. "Wir brauchen Antworten." Er
forderte Israel auf, sich an der Suche nach Überlebenden zu
beteiligen und dringend benötigte Hilfe zu liefern, statt Helfer zu
behindern.
Tshader Shkirat von der Palästinensischen Gesellschaft zum Schutz
der Menschenrechte und Umwelt betonte, dass einige Einwohner seit 15
Tagen lebend in den Kellern ihrer zerstörten Häuser ausharrten. Er
bezifferte die Zahl der Toten auf 300, andere Menschenrechtler
sprachen von bis zu 1000. Allerdings könnten die Angaben nicht von
unabhängiger Seite bestätigt werden. Israels Verteidigungsminister
Benjamin Ben-Eliezer hatte die Zahl der getöteten Palästinenser mit
45 angegeben. Dagegen hatten Palästinenser der israelischen Regierung
in Jenin ein "Massaker" vorgeworfen.
Asem Beshara vom Jerusalemer Zentrum für Menschenrechte sagte:
"Wenn man über die Trümmer klettert, riecht man überall verwesende
Leichen." Die Menschenrechtler warfen der Armee vor, sie wolle
vertuschen, was in Jenin geschehen sei. Augenzeugen hätten auch von
Exekutionen, verstümmelten Leichen und inhumaner Behandlung von
Zivilisten berichtet.(APA/dpa)