Die Ernennung regierungsnaher Direktoren für die öffentlich-rechtliche TV- und Radioanstalt RAI hat in Italien erneut heftige Kritik an der Medienpolitik von Ministerpräsident Silvio Berlusconi ausgelöst. Man werde auf europäischer Ebene gegen die Bündelung der Medienmacht im Lande durch Berlusconi tätig werden, kündigte die Spitze des Oppositionsbündnisses Ulivo am Donnerstag an. Der prominente italienische Journalist Enzo Biagi sprach in einem Zeitungsinterview gar von einem "Fernseh-Regime", da Berlusconi ohnedies Eigentümer von drei der sechs größten TV-Sender des Landes sei. Gemeinsam mit RAI haben die Berlusconi-Sender einen Marktanteil von 90 Prozent. Am Mittwoch war bekannt geworden, dass der neue RAI-Verwaltungsrat großteils Berlusconi nahe stehende Journalisten für die Spitzenfunktionen der staatlichen Sender ernannt hatte. So sind die neuen Direktoren des größten RAI-TV-Kanals RAI 1 Anhänger von Berlusconis Partei Forza Italia. Der zweitgrößte RAI-Kanal RAI 2 ging hingegen an Gefolgsleute der an Berlusconis Regierung beteiligten Parteien Lega Nord und Nationalallianz. Lediglich die Direktoren des kleinsten Senders RAI 3 sind dem oppositionellen Mitte-Links-Lager zuzurechnen. Auch bei den Radio-Sendern sitzen künftig regierungsfreundliche Journalisten auf den Schlüsselpositionen. Unter den neuen Radio-Direktoren befindet sich auch eine Schwester von Europa-Minister Rocco Buttiglione. Erst im Februar hatten die zu Berlusconis Politbündnis gehörenden Vorsitzenden der beiden italienischen Parlamentskammern gegen Proteste der Opposition den neuen RAI-Verwaltungsrat bestellt. Als Vorsitzender war der ehemalige Präsident des italienischen Verwaltungsgerichts, Antonio Baldassarre, nominiert worden, der ebenfalls Berlusconis Mitte-Rechts-Lager zugeordnet wird. (APA/dpa)