Medien
Plattenfirmen wollen Geld: US-Internetradios fürchten um Bestand
US-Behörde trifft am 21. Mai ihre Entscheidung
Jahrelang schauten die großen Plattenlabels
und Medienkonzerne dem Treiben der einstmals populärsten
Musiktauschbörse Napster zu, dann setzten sie sich durch und setzten
der kostenlosen Nutzung von Musiktiteln im Internet ein jähes Ende.
Dieses Schicksal könnte nun auch Tausende von unabhängigen
US-Radiosendern treffen, die ihr Programm entweder ausschließlich im
Internet verbreiten oder ihre konventionell ausgestrahlten Sendungen
gleichzeitig online anbieten. Die Vereinigung der
US-Plattenindustrie, die Recording Industry Association of America
(RIAA) will bei diesen Sendern bald hohe Lizenzgebühren einsammeln.
Und das könnte für die meisten der Kleinstunternehmen den endgültigen
Sendeschluss bedeuten.Kein Geld an Plattenlabels
Bei den Internet-Radios hat das große Zittern begonnen. Bis zum
21. Mai will die US-Behörde U.S. Copyright Office ihre Entscheidung
treffen: Sollen die Online-Anbieter tatsächlich anders behandelt
werden als traditionelle Radiosender? Diese bezahlen vier Prozent
ihres Umsatzes an Komponisten und Song-Autoren, aber keinen Cent an
die Plattenlabels. Die so genannten Aufführungsgebühren fallen nicht
an, das legt ein US-Gesetz aus dem Jahr 1930 fest. Darin wird
argumentiert, dass die Radiosender schließlich kostenlose Werbung für
Musikaufnahmen machen und damit den Plattenlabels das Geschäft
erheblich erleichtern.
Diese alte Regel wurde aber 1998 für Online-Medien aufgehoben. Ein
damals verabschiedetes Gesetz zum Schutz des Urheberrechts legt fest,
dass bei Online-Sendungen Aufführungsgebühren fällig werden. Auf die
Höhe sollten sich Sender und Plattenindustrie einigen. Das gelang
nicht, und deshalb schritten die Beamten des Copyright Office ein.
Sie erarbeiteten im Februar einen für die RIAA besonders
ertragreichen Plan, nach dem die Online-Sender nicht etwa einen
Prozentanteil ihres Umsatzes abführen müssen, sondern eine feste
Summe: 0,14 US-Cent pro Song und pro Hörer.
"Dies wird die Online-Radiounternehmen vernichten"
Aus diesem winzigen Betrag würde für beliebte Sender mit großem
Publikum schnell eine sechsstellige Dollarsumme. "Dies wird die
Online-Radiounternehmen vernichten", befürchtet Kurt Hanson, der
Herausgeber von RAIN, einem Branchenfachblatt der Internet-Radios.
"Für viele der Sender würden dann Gebühren anfallen, die das Doppelte
oder Dreifache ihres Jahresumsatzes ausmachen", rechnet Hanson vor.
Besonders entsetzt ist er über eine Bestimmung, nach der die Gebühren
rückwirkend ab dem Jahr 1998 gelten sollen.
"Verschwörungstheorie"
Die RIAA steht nun am Pranger, weist aber energisch den Vorwurf
zurück, an der Zerstörung einer blühenden Online-Radiokultur zu
arbeiten. "Die Websender haben offenbar einen Weg gefunden, alle
anfallenden Geschäftskosten zu finanzieren", spottete der RIAA-
Vertreter Steven Marks unlängst in einem Interview mit der "New York
Times". Die Sender bezahlten immerhin für ihren Internet-Anschluss,
ihre Computer und ihre Software. "Und sie sollten auch in der Lage
sein, für die Musik zu zahlen, auf der sie ihr Geschäft aufbauen",
argumentiert Marks.
Vertreter der Radiosender halten diese Einwände für heuchlerisch.
Sie befürchten, dass die RIAA selbst ein Radioangebot aufbauen will,
das Kleinsendern keinen Platz mehr ließe. Hanson gibt gerne zu, dass
dies ein wenig nach einer "Verschwörungstheorie" klingt. Aber völlig
grundlos ist die Befürchtung wohl nicht. Denn das Online-
Radiogeschäft würde nur dem Vorbild der Online-Musikbörsen folgen.
Dort werden schon jetzt unabhängige und kostenlose Anbieter von
Kommerz-Diensten der Medienkonzerne verdrängt. (APA/dpa)