Etat
Premiere könnte an Murdoch und Bertelsmann gemeinsam gehen
Finanzchef Brian Cook verlässt Kirch-Gruppe - Gläubigerbanken prüfen Übernahme der Formel 1-Übertragungsrechte
Der von der Pleite bedrohte Bezahlsender
Premiere der KirchGruppe könnte gemeinsam von Rupert Murdoch und
Bertelsmann übernommen werden. Diese Möglichkeit sei in Betracht
gezogen worden, erfuhr die dpa am Freitag aus Branchenkreisen.
Bertelsmann und Premiere wollten sich nicht dazu äußern. Die operative Führung würde nach Einschätzung in Kirch-Kreisen
Murdoch haben. Drei Gläubigerbanken der KirchGruppe haben es
unterdessen auf die Formel-1-Übertragungsrechte der KirchGruppe
abgesehen. Die Bayerische Landesbank prüfe zusammen mit den
US-Bankhäusern JP Morgan und Lehman Brothers die Übernahme an den
lukrativen Vermarktungsrechten von der KirchGruppe, um sie dann
Gewinn bringend weiter zu verkaufen, erfuhr die dpa am Freitag in
Finanzkreisen.
Planspiel
Eine gemeinsame Übernahme von Premiere durch Murdoch und
Bertelsmann wurde von Branchenkennern noch als Planspiel bezeichnet.
In Bertelsmann-Kreisen wurde betont, ein Wiedereinstieg ins
Bezahlfernsehen sei abwegig und werde daher genauestens geprüft. Mit
einer Lösung in den nächsten Tagen sei nicht zu rechnen. Durch eine
gemeinsame Übernahme von Premiere zusammen mit Bertelsmann würde die
Macht von Murdoch auf dem deutschen Fernsehmarkt nach Einschätzung
von Experten in Grenzen gehalten. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder
(SPD) wäre diese Lösung wohl lieber als ein Alleingang Murdochs, hieß
es.
Finanzchef Brian Cook verlässt Kirch-Gruppe
Seit dem Insolvenzantrag für das Kerngeschäft der KirchGruppe
ringen Banken und Gesellschafter gemeinsam mit den Kirch-Sanierern
unter Hochdruck nach Lösungen auch für die übrigen Konzernsparten.
Der bisherige Finanzchef der KirchGruppe, Brian Cook, verlässt das
Unternehmen. Die Trennung erfolge im gegenseitigen Einvernehmen,
teilte die KirchGruppe in München mit. Die Restrukturierung der
Gruppe liege zunehmend in der Hand der Sanierungsexperten, hieß es.
Bereits vor Wochen war darüber spekuliert worden, dass Cook gefeuert
wird, weil er angeblich während der heißen Verhandlungsphase im
Urlaub und dort nicht erreichbar war. In Kirch-Kreisen wird damit
gerechnet, dass die Dachgesellschaft TaurusHolding in den nächsten
Tagen ebenfalls Insolvenz beantragen könnte.
Vehandlungen um Formel 1-Übertragungsrechte
Auch bei der KirchBeteiligung, zu der die Formel-1-Rechte
gehören, ist die Insolvenzgefahr noch nicht vom Tisch. Nach
Informationen des "Handelsblattes" (Freitagausgabe) sollen die
Formel-1-Anteile der KirchGruppe bereits in den nächsten zwei bis
drei Wochen auf die Banken übergehen. Die Gläubigerbanken könnten die
Mehrheit an der Rennserie in einem nächsten Schritt Gewinn bringend
an die Autohersteller BMW, DaimlerChrysler oder andere verkaufen. Im
Gegenzug würden die Banken zunächst auf die Rückzahlung ihrer Kirch-
Kredite verzichten. Es gibt noch keine konkreten Pläne. Die
Bayerische Landesbank wollte sich nicht zu dem Bericht äußern.
Durch einen rechtzeitigen Zugriff auf die Formel 1 könnten die
Gläubigerbanken ihre Position nach Einschätzung von Branchenkennern
deutlich verbessern. Interessenten für einen zügigen Weiterverkauf
der Formel 1 gebe es in jedem Fall. "Es kommt dann nur noch auf den
Preis an", hieß es auf Seite der Banken. Nach Einschätzung von
Branchenkennern dürften sie aber Probleme haben, den Preis von knapp
1,6 Mrd. Euro zu erzielen, den Kirch für die Beteiligung bezahlt hat.
Kirch hatte die Mehrheit an der Formel-1-Vermarktungsgesellschaft
SLEC erst im vergangenen Jahr gekauft. Bei dem Deal griff die
Bayerische Landesbank Kirch mit einem Kredit in Höhe von einer Mrd.
Euro unter die Arme. Die restliche Summe steuerten die beiden
US-Banken bei. Die übrigen Anteile an SLEC liegen bei Formel
1-Gründer Bernie Ecclestone. (APA/dpa)