Ein ehemaliges Wochenendhaus aus den Siebzigerjahren sollte zum zukünftigen Hauptwohnsitz eines Ehepaares werden. Gemeinsam mit dem jungen Architektenpaar Margarete Dietrich und Markus Lang begann bereits 1997 ein Entwurfsprozess, um das kleine Haus auf einem Nordwesthang in Klosterneuburg für das ständige Bewohnen zu rüsten. Die ursprüngliche Herangehensweise, mit einer Aufstockung und einer neuen vertikalen Erschließung adäquate Raumverhältnisse zu schaffen, hätte massive Eingriffe in die Bausubstanz bedeutet und wäre preislich der Errichtung eines Neubaus gleichgekommen. Mit der Zeit erkannten die beiden Architekten, dass noch ein anderer Faktor unbedingt mit Behutsamkeit bedacht werden muss: Mit dem Haus aus der Jugendzeit waren für den Bauherrn auch Erinnerungen und Emotionen verbunden, über die man nicht so ohne Weiteres hinwegplanen wollte. Damit war klar, dass die Lösung nur die sein konnte, das alte Haus in seinem wesentlichen Erscheinungsbild zu erhalten und ihm einen Zubau zur Seite zu stellen, der den zusätzlichen Raumbedarf abdeckt. Es wurde also zum Garten hin ein zweigeschoßiger Anbau in einer Holzriegelkonstruktion errichtet, der im Erdgeschoß den neuen Eingang und einen Vorraum sowie ein Gästezimmer beherbergt. Darüber liegen zwei Schlafzimmer mit einem vorgelagerten Gangbereich. Ebenfalls hinzugefügt wurde eine Terrasse mit eigenem Stiegenabgang, die ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Wohnqualität ist. Schließlich gab es ursprünglich nur eine kleine Terrasse im Südwesten, die jedoch mit dem Nachteil behaftet war, straßenseitig zu liegen und kaum Aussicht zu bieten. Der Altbau, dessen Wohnnutzfläche nur 70 Quadratmeter betrug, wurde entkernt und renoviert. Bis auf neue Fensterläden und einen kleinen Wintergarten, der an der Straßenseite unter dem bestehenden breiten Dachvorsprung auf der ehemaligen Terrasse eingefügt wurde, blieb sein Erscheinungsbild unangetastet. Die gleiche Fläche, auf der früher Vorraum, Wohnzimmer, Küche, Bad und WC Platz fanden, nimmt nun nach der Entfernung der Zwischenwände der neue großzügige Wohnraum ein. Zur Terrasse hin schließt die neue Küche an, die ebenfalls von den Architekten entworfen wurde. Doch nicht nur mehr Fläche wurde gewonnen. Mit der Terrasse und den Fenstertüren in den Zimmern kann jetzt vom Haus aus auch endlich der Ausblick über die reizvolle Landschaft um Klosterneuburg genossen werden. Einem bestehenden Haus, das zwar für die Architekturgeschichte völlig unbedeutend ist, in der Geschichte einer Familie aber eine große Rolle spielte, konnte der Erinnerungswert erhalten bleiben. Der neue Anbau schreibt diese ganz persönliche Geschichte weiter, ohne die alten Erinnerungen auszulöschen. Auch den Architekten, die ursprünglich ein insgesamt moderneres Gesamtbild vor Augen hatten, fiel es nicht schwer, diesen Weg mitzugehen. Im individuellen Wohnbau ist der Kunde schließlich König. Die Herausforderung an den Architekten lautet, perfekt für diese Bedürfnisse zu planen und alles professionelle Wissen einzubringen, um zu einer für die Umstände möglichst idealen Lösung zu gelangen. Denn was taugt die flotteste Aluminiumblase, wenn ein Bauherr sich nicht mit ihr identifizieren kann? (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20./21.04.2002)