Paris - In den letzten Umfragen vor der
französischen Präsidentenwahl hat Amtsinhaber Jacques Chirac seinen
leichten Vorsprung gegenüber seinem sozialistischen Herausforderer
Lionel Jospin verteidigt. Zwei der drei am Freitag veröffentlichten
Umfragen sagen für eine spätere Stichwahl zwischen den beiden ein
Patt voraus: sie erhielten derzeit jeweils 50 Prozent. Die dritte
Umfrage vom Institut Ipsos sieht Chirac auch hier mit 51 Prozent
vorne.
Für den konservativen Chirac wollen am Sonntag in der ersten Runde
den Umfragen zufolge zwischen 19,5 und 22 Prozent der
Wahlberechtigten stimmen. Der jetzige Ministerpräsident Jospin lag
bei allen drei Instituten bei 18,0 Prozent. Damit liegt der
Stimmenanteil der voraussichtlich erfolgreichsten Kandidaten
zusammengerechnet unter 40 Prozent. Viele Franzosen haben ihren
Wahlkampf als langweilig bezeichnet. Die teils überraschend hohen
Werte für radikale Kandidaten auf der Rechten wie der Linken deuten
zumindest für die erste Runde auf einen hohen Anteil an
Protestwählern hin.
Große Auswahl an Kandidaten
Mit 16 Kandidaten haben die 40 Millionen Franzosen eine Auswahl
wie nie zuvor. Die beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen müssen
in einer zweiten Runde am 5. Mai gegeneinander antreten. Es ist das
erste Mal, dass in Frankreich Umfragen bis einen Tag vor der Wahl
veröffentlicht werden dürfen. Bisher war für die Woche vor der
Abstimmung eine Umfragepause angeordnet.
Als drittstärksten Kandidaten weisen die Befragungen für Sonntag
den rechts-nationalen Jen-Marie Le Pen mit Ergebnissen zwischen 12,5
und 14,0 Prozent aus. Sein Stimmenanteil ist früheren Umfragen
zufolge vor allem in den vergangenen Wochen deutlich gewachsen. Der
ehemalige Sozialist Jean-Pierre Chevenement, dem lange Zeit mehr als
zehn Prozent vorausgesagt wurden, lag zwei Tage vor der Wahl zwischen
6,0 und 6,5 Prozent und damit noch hinter der Trotzkistin Arlette
Laguiller, die den Umfragen zufolge bis zu 7,0 Prozent erhalten
könnte.
Wahlbeteiligung als Unsicherheitsfaktor
Große Unsicherheitsfaktoren sind jedoch Wahlbeteiligung und
unentschlossene Wähler. Den Umfragen zufolge könnte am Sonntag ein
Rekordanteil von bis zu 30 Prozent der Wähler keine Stimme abgeben.
Das Umfrageinstitut CSA stellte zudem fest, dass sich etwa 46 Prozent
der Wahlberechtigten noch gar nicht entschieden haben. Dazu kommt,
dass die sechs größten Meinungsforschungsinstitute im Land in der
Vergangenheit auf geradezu spektakuläre Weise falsch lagen. Dies war
auch bei der Präsidentenwahl 1995 der Fall, wo Chirac wie Jospin
ebenfalls angetreten waren. (APA/Reuters)
Forum:
Ihre Meinung zählt.
Die Kommentare im Forum geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen,
den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen
(siehe ausführliche Forenregeln),
zu entfernen. Benutzer:innen können diesfalls keine Ansprüche stellen.
Weiters behält sich die STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H. vor, Schadenersatzansprüche
geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.