Jerusalem/London - Der israelische Verteidigungsminister Benjamin Ben-Eliezer hat dem Sondergesandten der Vereinten Nationen, Terje Roed-Larsen, am Sonntag "Aufhetzung" gegen Israel vorgeworfen. Ben-Eliezer sagte im israelischen Rundfunk, Larsen habe hinsichtlich der Vorgänge in dem Flüchtlingslager von Jenin komplett die palästinensische Sichtweise übernommen. Nach einem Besuch in dem Lager hatte Larsen unter anderem gesagt, der "grausige" Anblick vor Ort übersteige jede Vorstellungskraft. Larsen sprach von einem "beschämenden Kapitel der Geschichte Israels". Die Palästinenser und Menschenrechtsorganisationen werfen Israel ein "Massaker" im Lager von Jenin vor. Ben-Eliezer betonte, Israel habe nichts zu verbergen und werde voll mit dem UNO-Untersuchungsteam zusammenarbeiten, das die jüngsten Geschehnisse in Jenin prüfen soll. Er habe UNO-Generalsekretär Kofi Annan jedoch gebeten, professionelle und nicht politische Personen in das Team aufzunehmen. Israel ist gegen eine Teilnahme Larsens, der UNO-Menschenrechtskommissarin Mary Robinson und des Leiters der UNO-Hilfsorganisation UNWRA, Peter Hansen, denen es anti-israelische Positionen vorwirft. Israelische Zeitungen schrieben am Sonntag, der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon erwäge, Larsen wegen seiner Reaktion auf die Ereignisse in Jenin zur "Persona non grata" in Israel zu erklären. Regierungskreise in Jerusalem bezeichneten Larsen inzwischen als "Arafats Sprecher", hieß es. Die liberale britische Sonntagszeitung "The Independent on Sunday" schrieb zu den Vorgängen in Jenin: "Israel ist stolz auf seine Tradition von Demokratie und freier Meinungsäußerung, die im Nahen Osten einmalig ist. Aber noch bevor die Trümmer weggeräumt sind, wird behauptet, es gibt keine Beweise für ein Massaker. Die offizielle Einstellung scheint zu sein, die Fakten langsam verbleichen zu lassen. So eine Verdrängung der Fakten wäre in vielen Staaten normal. Israel aber hat einen Ruf für absolute Offenheit. Wenn es den Eindruck erweckt, etwas verheimlichen zu müssen, gibt dies Anlass zu den schlimmsten Befürchtungen." (APA/dpa)