Wien - Der Bundeskanzler war war da und der Nationalratspräsident, der SPÖ-Chef ebenso wie der der Grünen, Kardinal Franz König ebenso wie Stabilitätspakt-Koordinator Erhard Busek: Bedeutender (und hier nur in Auszügen geschilderter) Aufmarsch zum 20-jährigen Jubiläum des Wiener Instituts für die Wissenschaften vom Menschen (IWM), das Freitagabend im Palais Schwarzenberg zelebriert wurde. In diesen 20 Jahren, so Hausherr Karl Schwarzenberg, habe man miterlebt, wie sich "ein Institut in eine Institution" verwandelt habe.Der kanadische Philosoph Charles Taylor warnte in seinem Festvortrag "Understanding the enemy", einer Reflexion über die Welt nach dem 11. September, vor "pausiblen, aber fehlerhaften Erklärungsmodellen", wie sie etwa in Benjamin Barbers "Jihad versus McWorld" dargeboten würden: Arme Länder werden durch Bilder aus den reichen Ländern zu einer Abwehr provoziert, die ihrerseits dann in Gewalt umschlägt. Diese Sicht der Dinge schien Taylor nicht nur vereinfachend, weil sie gleichsam von mechanischen Reaktionen der beteiligten Akteure ausgeht, sondern auch gefährlich: Das sei eine These, die sehr leicht zur "Self-fulfilling Prophecy" werden könne. Um "Amerika als europäisches Problem" ging es dann in einer Podiumsdiskussion, in der Lord Ralf Dahrendorf gegen die USA gerichtete Integrationstendenzen innerhalb der EU ortete, die im Namen der Außen- und der Sozialpolitik stattfänden. Dahrendorf rief dagegen eindringlich ins Gedächtnis, dass "der Westen größer als Europa ist". Michael Naumann von der Hamburger Zeit machte einen Gegensatz zwischen dem "heroischen" Geschichtsverständnis der Amerikaner aus und einem Europa, dem nach seiner blutigen Geschichte die Lust auf Helden vergangen sei. Adam Michnik, Chefredakteur der polnischen Gazeta Wyborcza, wandte dagegen mit ein, dass es im US-Selbstverständnis nicht nur um Fragen des Heldentums gehe, sondern auch um Fragen der Moral. Den Antiamerikanismus nannte er eine "Eselei": Als Pole sei ihm die angebliche Arroganz der Amerikaner allemal lieber als eine Ordnung nach russischen Vorstellungen. "Man hat uns Polen oft als ein Trojanisches Pferd bezeichnet. Aber lieber ein Trojanisches Pferd als ein Trojanischer Esel." Dahrendorf hob im Gespräch mit dem STANDARD hervor, dass es den IWM-Gründern gelungen sei, eine Institution sui generis ins Leben zu rufen: Weder nur "Think-Tank" noch nur "Institute for advanced studies", sondern in der Mitte zwischen den beiden. Und dem Geschick des polnischen Philosophen Krzysztof Michalski sei es zu verdanken, dass sich das Institut einer nun schon so langen Existenz erfreut: "In Großbritannien sind solche Institutionen meist nur ephemer." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.04.2002)