Ungarn
Laszlo Kovacs will Ungarns Sozialisten an die Macht zurückführen
Früherer Außenminister vor Rückkehr auf seinen ehemaligen Posten
Budapest - Ganz leicht wird es ihm wohl nicht gefallen sein,
im Vorjahr Peter Medgyessy den Vortritt als Spitzenkandidat zu
überlassen. Laszlo Kovacs, der Vorsitzende der ungarischen
Sozialisten (MSZP), ist viel zu sehr Vollblutpolitiker, dass er nicht
selbst gerne gegen die Regierungsmehrheit von Viktor Orban angetreten
wäre. Doch mit dem Ergebnis der Wahl am Sonntag ist die Rechnung
letztlich doch noch aufgegangen. Gemeinsam mit den Liberalen konnte
Orbans Partei überflügelt werden. Kovacs hatte keinen geringen Anteil
daran. Die Sozialisten waren mit einer geschickten Doppelstrategie in die
Wahl gegangen. Der parteilose ehemalige Finanzminister und Banker
Medgyessy war das Angebot der Partei an die westlich orientierten
Wähler, an die Geschäftswelt, an die Mitte. Parteichef Kovacs fiel
hingegen mehr die Aufgabe zu, die traditionelle Wählerschaft zu
binden und fallweise auch kräftig zurückzuschlagen. Auf besonders
krasse Angriffe von Orban und seiner Partei, dem Bund Junger
Demokraten (Fidesz), war Kovacs nie um eine deftige Antwort verlegen,
etwa wenn er Orban vorwarf, er benehme sich "wie ein kleiner
Diktator, der Angst hat, die Macht zu verlieren".
Dabei versteht Kovacs durchaus auch mit feiner Klinge zu kämpfen.
Der am 3. Juli 1939 in Budapest geborene Sozialistenchef ist nämlich
eigentlich auf dem glatten Parkett der Diplomatie zu Hause. In der
sozialistisch-liberalen Regierung von 1994 bis 1998 war er
Außenminister. Sein Vorgesetzter als Regierungschef, war einer, mit
dessen Karriere Kovacs Werdegang jahrzehntelange parallel verlaufen
war: Gyula Horn.
Kovacs studierte in Budapest Wirtschaftswissenschaften. Von 1957
bis 1966 arbeitete er bei einem pharmazeutischen Betrieb. Von dort
wechselte er in den kommunistischen Jugendverband (KISZ), dessen
Abteilung für Auswärtige Angelegenheiten er schließlich leitete. Wer
es damals in der ungarischen Außenpolitik zu etwas bringen wollte,
musste in die internationale Abteilung des Zentralkomitees der
Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei (MSZMP). Kovacs stieg hier
von zwischen 1975 und 1986 zum stellvertretenden Abteilungsleiter
auf. Abteilungsleiter war seit 1983 Gyula Horn.
Gemeinsam wurden beide im März 1985 Vollmitglied des
Zentralkomitees der MSZMP. Horn wurde kurz darauf Staatssekretär im
Außenministerium, Kovacs folgte ihm 1986 als stellvertretender
Außenminister, was damals einem Hauptabteilungsleiter entsprach. Als
Horn im Mai 1989 in der reformkommunistischen Regierung von Miklos
Nemeth Außenminister wurde, war Kovacs sein Staatssekretär. Als Horn
1994 Ministerpräsident wurde, übersiedelte Kovacs vom Parlament in
die Räume des Außenministeriums. Und als Horn 1998 nach seiner
Niederlage als Parteichef zum Rücktritt bewegt werden musste, war es
Kovacs, der ihm nachfolgte.
Aus dem Schatten Horns hat sich der sieben Jahre jüngere Kovacs
längst herausgearbeitet. Er gilt als Pragmatiker, der einer der
geistigen Väter der Westorientierung und der Herauslösung Ungarns aus
dem sowjetischen Machtbereich angesehen wird. Kovacs werden ein
starker Wille und zähe Ausdauer nachgesagt. Als der Wahlkampf von
Medgyessy, der vor Publikum oft hölzern und verkrampft wirkt,
zunächst lahmte, setzte die Partei vermehrt auch Kovacs ein, der
seinen Humor und seine Schlagfertigkeit mit sichtbarer Freude
versprühte.
Kritiker warfen Kovacs in den vergangenen Jahren der Opposition
oft vor, die überfällige Erneuerung der Partei nicht in Angriff
genommen zu haben. Tatsächlich finden sich auch auf Medgyessys bisher
bekannt gewordener Liste künftiger Minister viele alte Bekannte.
Einer davon ist Laszlo Kovacs, der nun wieder das Amt des
Außenministers übernehmen soll.(APA)