Stockholm - Die Talfahrt der Ericsson-Aktie hat auch am
Dienstag als Folge der düsteren Bilanzzahlen vom Vortag angehalten.
Der am Montag bereits um 24 Prozent abgesackte Kurs sank an der
Stockholmer Börse zum frühen Nachmittag erneut um 8 Prozent auf 25
Kronen (2,7 Euro). Gleichzeitig senkte die US-Investmentbank Morgan
Stanley ihren Richtwert für einen "realistischen" Wert der
Ericsson-Aktie von 35 auf 20 Kronen. Mehrere ausländische Großanleger verkauften nach Angaben der
Wirtschaftszeitung "Dagens Industri" (Internetausgabe) am Dienstag
massiv Aktien des schwedischen Mobilfunk-Unternehmens.
Ericsson hatte bei der Veröffentlichung des Zwischenbilanz einen
Verlust von 5,4 Mrd. Kronen für die ersten drei Monate des Jahres
mitgeteilt und 20.000 Kündigungen bis Ende 2003 angekündigt. Danach
sank der Aktienkurs bis zur Schließung der Stockholmer Börse bereits
um 24 Prozent auf 27 Kronen. Die führenden US-Investmentbanken
senkten daraufhin ihre Richtwerte für die Aktienkurse des
schwedischen Konzerns drastisch auf Werte zwischen 15 und 20 Kronen.
Der Analyst Johan Strandberg von Deutschen Bank erklärte im
Rundfunk, die große Spannbreite sei Ausdruck "großer Unsicherheit
über die Zukunft der Mobilfunk-Branche".
Die am Montag als Folge der Ericsson-Zwischenbilanz um über fünf
abgerutschte Aktie des weltweit dominierenden Handy-Anbieters Nokia
konnte ihren Kurs am Dienstag stabilisieren.
Unternehmen baut 20.000 Stellen ab
Der defizitäre schwedische Telekomausrüster Ericsson sieht noch kein Ende der Branchenschwäche und will weitere 20.000 Stellen abbauen. Nach einem höher als erwartet ausgefallenen Verlust im ersten Quartal rückte der Konzern von seinem Ziel ab, in diesem Jahr in die Gewinnzone zurückzukehren.
Ericsson plant zugleich nach eigenen Angaben vom Montag, frische Mittel in Höhe von rund 30 Mrd. Schwedischen Kronen (rund 3,26 Mrd. Euro) über die Ausgabe von Bezugsrechten einzunehmen. Die Unternehmensnachrichten ließen den Kurs der Ericsson-Aktie einbrechen und belasteten die europäischen Aktienmärkte insgesamt.
Wenig Gründe für Aufschwung
"Wenn wir uns ansehen, was die Telekombetreiber planen und angekündigt haben, gibt es wenig Gründe, in absehbarer Zukunft auf einen Aufschwung zu setzen", sagte Konzernchef Kurt Hellstrom am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. In Reaktion auf die Branchenschwäche treiben die Schweden ihren Stellenabbau voran und wollen nach den Worten Hellstroms in diesem und im kommenden Jahr jeweils 10.000 Stellen streichen, was jährliche zehn Milliarden Kronen sparen soll. Im vergangenen Jahr hatte der weltgrößte Hersteller von Mobilfunknetzwerken und mit Sony drittgrößte Handyhersteller bereits 22.000 Stellen gestrichen, ein Fünftel der Belegschaft.
Vorerst keine Auswirkungen auf Österreich
In Österreich sind einstweilen keine Auswirkungen des Stellenabbaus bekannt, erklärte ein Unternehmenssprecher gegenüber dem STANDARD. Ericsson beschäftigt hier 470 Mitarbeiter. Die Mitarbeiterzahl sei bereits in den Vorjahren auf die Aufgaben angepasst worden, erklärte Gerhard Gindl. "Wir haben bestehende Aufträge für die Errichtung der Infrastruktur heimischer Mobilfunk- und Festnetzbetreiber zu erfüllen." In den vergangenen Jahren trennte sich Ericsson u.a. von der Fertigung von Telefonanlagen in Kindberg (jetzt Flextronic), dem Servicegeschäft (jetzt Kapsch) und zuletzt vom Handyverkauf (jetzt Sony Ericsson).
Das erste Geschäftsquartal schloss der Konzern mit einem Vorsteuerverlust von 5,4 Mrd. Kronen ab und übertraf damit Befürchtungen der Analysten, die mit einem Minus von 4,9 Mrd. Kronen gerechnet hatten. Die Quartalsumsätze fielen mit 37 Mrd. Kronen ebenfalls geringer aus als erwartet. Die Auftragseingänge brachen in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres um 40 Prozent ein.
Gewinne erst 2003
Darüber hinaus erwartet Ericsson offenbar keine baldige Verbesserung der Situation in der Branche und eine Rückkehr zu Gewinnen bestenfalls im nächsten Jahr. "Mit unserem revidierten Ausblick für den Markt rechnen wir nun vor Restrukturierungskosten und Sonderposten in diesem Jahr mit einem Verlust. Mit fortlaufenden Einsparungen planen wir, das Geschäft im Laufe des Jahres 2003 zurück in die Gewinnzone zu bringen", hieß es in einer Konzernmitteilung. (apa, Reuters, spu, DER STANDARD, Printausgabe 23.4.2002)