Frankreich
Berlusconi: "Konservativer und marxistischer Sozialismus in der Krise"
Italiens Premier feiert Le Pens Teilsieg - Auch Russlands Ultra- Nationalist Schirinowski und der serbische Freischärlerführer Seselj gratulieren
Rom/Valencia - Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi
sieht den "konservativen Sozialismus in ganz Europa" nach dem Erfolg
des Rechtsextremisten Jean-Marie Le Pen bei den
Präsidentschaftswahlen in Frankreich in der Krise. "Der konservative
und maximalistische Sozialismus steckt in ganz Europa in der Krise:
Dies ist nach dem Wahlergebnis in Frankreich offensichtlich", sagte
Berlusconi am Montag in Valencia. "Das Pendel, der nach links gerückt war, kehrt nun in die Mitte
und zur Mitte-Rechten zurück", betonte Berlusconi im Gespräch mit
italienischen Journalisten am Rande der Ministertagung der
Euro-Mediterranen-Partnerschaft. Mitte-Rechts-Gruppierungen dürften
jedoch nicht mit der populistischen Rechte von Jean-Marie Le Pen
verglichen werden. "Die Franzosen dachten, dass der Populismus in
Italien regierte. Sie haben die Situation bei sich zu Hause nicht
betrachtet und eine deformierte Realität in einem anderen Land
verworfen", sagte Berlusconi.
Nach Ansicht des italienischen Ministerpräsidenten ist Le Pen
nicht mit Italiens rechtspopulistischer Lega Nord, der drittstärksten
Regierungspartei, zu vergleichen. "Es gibt einen großen Unterschied
zwischen dem Programm von Le Pen und jenem des Lega-Chefs, Umberto
Bossi", sagte Berlusconi.
Berlusconi zeigte sich nicht besorgt über die künftige
Europapolitik Frankreichs. Beim zweiten Wahldurchgang werde Präsident
Jacques Chirac, "ein überzeugter Europäer", als Wahlsieger
hervortreten. "Er wird sich natürlich mit der Präsenz einer
antieuropäischen Rechten auseinander setzen müssen. Dies wird
Frankreich jedoch nicht daran hindern, am Aufbau des Europa der
Zukunft mitzuwirken", so Berlusconi.
Während die rechtspopulistische Lega Nord mit
Enthusiasmus den Wahlerfolg von Jean-Marie Le Pen bei dem ersten
Wahldurchgang in Frankreich feiert, zeigt sich die postfaschistische
Nationalallianz (AN) von Gianfranco Fini über das Wahlresultat eher
besorgt. "Mit Le Pen siegt der Mut. Sein Wahltriumph belohnt die
Kohärenz eines Politikers, der ohne Heuchelei vor der gravierenden
Gefahr warnt, die die ausländische Invasion für Frankreich und Europa
repräsentiert", betonte der Hardliner der Lega Nord, Senator Mario
Borghezio.
"Le Pens Erfolg ist für alle diejenigen eine gute Nachricht, die
in Europa für unsere Identität kämpfen. Eine Identität, die immer
mehr vom Projekt einer multikulturellen Gesellschaft bedroht ist. Vor
allem nach dem 11. September werden die Signale in Europa immer
deutlicher: Stopp mit der Islamisierung und der ausländischen
Invasion!", so Borghezio.
"Ich hoffe, dass niemand in der Nationalallianz Le Pens Erfolg
feiern wird. Wir haben nichts mit ihm zu tun. Er führt Wahlkampagnen,
bei denen er die schlimmsten Schreckgespenster wach ruft, wie
Ausländerfeindlichkeit, Rassismus, Hass für die Andersartigen. Le Pen
ist eine Gefahr für Frankreich und Europa. Er ist ein Symptom eines
Unbehagens, das genau überprüft und bis zuletzt bekämpft werden
muss", sagte der Parlamentarier der AN, Enzo Palmesano.
"Ein Phantom wandert durch Europa, die Linke": Diese Ansicht
vertritt der Telekommunikationsminister und Starpolitiker der
Nationalallianz, Maurizio Gasparri. "Wir freuen uns nicht über Le
Pens Erfolg, dafür aber über Jospins Niederlage. Jospin bricht
zusammen, nachdem seine Regierung und seine Minister die italienische
Regierung beleidigt hat. Ich hoffe, dass Chirac eine realistische
Lösung für Probleme wie Kampf gegen die Kriminalität und die illegale
Einwanderung finden wird", so der Minister.
Italiens Rechte AN sucht den Vergleich mit Haiders FPÖ
Die rechte Nationalallianz (AN, Italiens zweitstärkste
Regierungspartei) klagt wegen der empörten Reaktionen in europäischen
Kreisen nach dem Wahlerfolg von Jean Marie Le Pen beim ersten
Wahldurchgang in Frankreich. "Wie bereits nach dem Erfolg von Jörg
Haiders FPÖ in Österreich versuchen einige politische Kreise in
Europa den Volksprotest gegen die Resultate freier und demokratischer
Wahlen zu mobilisieren. Dies ist unannehmbar", betonte der
Parlamentarier der Nationalallianz, Antonio Serena.
Russischer Ultra-Nationalist Schirinowski gratuliert Le Pen
Der russische Ultra-Nationalist Wladimir
Schirinowski hat dem rechtsextremen Jean-Marie Le Pen zum "glänzenden
Wahlsieg" in Frankreich gratuliert. "Sie haben mit eiserner Hand
Frankreich aufgerüttelt", schrieb der stellvertretende
Parlamentsvorsitzende am Montag in einem Telegramm an Le Pen, wie die
Agentur Itar-Tass meldete.
Der Vorsitzende des Duma-Ausschusses für Außenpolitik, Dmitri
Rogosin, wertete das überraschend gute Abschneiden Le Pens in der
ersten Runde der Präsidentschaftswahlen als Reaktion auf die
Zuwanderungspolitik Frankreichs. Der "gewaltige Zustrom von
Emigranten" habe zu einer Protestreaktion unter den Wählern in
Frankreich geführt, sagte Rogosin am Rande eines Europarats-Treffens
in Straßburg.
Serbischer Freischärlerführer Seselj gratuliert Le Pen
Der serbische Freischärlerführer Vojislav
Seselj hat dem Rechtsextremen Jean-Marie Le Pen zu dessen gutem
Abschneiden in der ersten Runde der französischen Präsidentenwahl
gratuliert. Der Sieg der französischen Patrioten bedeute eine
"riesige Hoffnung und Ansporn" für die "serbischen Patrioten", die
ebenfalls gegen die "Klauen des Mondialismus" kämpfen, heißt es in
der Seselj-Botschaft, meldet die Nachrichtenagentur Tanjug am Montag.
Seselj ist der Führer der rechtsextremen Serbischen Radikalen Partei.
Seine Freischärlerverbände werden beschuldigt, Kriegsverbrechen in
Kroatien und Bosnien begangen zu haben.(APA/dpa)