Bonn - Wissenschaftler der Universität Bonn wollen Chinaschilf als ökologisches Baumaterial verwenden. Das schnellwachsende Schilf als Baustoff einzusetzen reiht sich in die Nutzung des Chinaschilfs "Miscanthus" als Grundmaterial für Zeitungspapier und der Schweizer Idee zur Produktion von EC- und Telefonkarten. Die Vorteile des Schilfs präsentieren die Forscher ab dem 27. April auf der Landesgartenschau in Grevenbroich.Bis zu fünf Zentimeter wachsen manche Sorten von Miscanthus giganteus pro Tag und erreichen damit bis zur Ernte ein Höhe von drei bis vier Metern. Dabei bindet das Schilf rund 30 Tonnen Kohlendioxid "Eine ungemein interessante Pflanze, die überall dort gut wächst, wo man auch Mais anbauen könnte", erklärte Ralf Pude vom Bonner Institut für Obst- und Gemüsebau. Zudem könne sie sich nicht unkontrolliert vermehren, da sie sich durch Sprossung fortpflanzt. Pude erforscht seit zehn Jahren das Schilf aus Fernost. Vor rund eineinhalb Jahren entwickelte er einen bereits patentierten Mineralisator, der den Zusammenhalt von Häckselgut und Zement deutlich verbessert. Der Mineralisator ist nötig, da es nicht möglich ist, die Pflanzen einfach zu häckseln und unter den Zement zu rühren. "Jetzt können Miscanthus-Steine und geschosshohe Wandelemente produziert werden, die aufgrund des hohen Luftgehalts in den Pflanzenstängeln einen ausgezeichneten Dämmwert besitzen", so Pude. Nach der Mineralisation seien die "Steine" unempfindlich gegen Nässe und Pilze. Dämmung und Stabilität Während die Wandelemente nicht besonders stabil sein müssen, da ein Fachwerk-Rahmen das Gewicht des Hauses trägt, sind beim Estrich Robustheit und gute Isolationseigenschaften erforderlich. Der Agrarwissenschaftler untersucht daher an insgesamt 26 verschiedenen Chinaschilf-Sorten nach den für diese Zwecke besten Eigenschaften. Dabei sind für die Dämmeigenschaften Zahl und Größe der Hohlräume in den Stängeln ausschlaggebend, über die Stabilität entscheidet dagegen der Silizium-Gehalt der Pflanze. "Der Zement verbindet sich bei der Mineralisation mit dem Silizium", so Pude. Mit dem Rasterelektronenmikroskop werde nun untersucht, wie dieser Prozess genau funktioniert. In der Schweiz wurde bereits das erste Miscanthus-Haus errichtet. Eine deutsche Baumfirma zeige ebenfalls Interesse an dem Verfahren und wolle jährlich etwa 300 Ökohäuser produzieren. Der Preis soll mit jenem herkömmlicher Häuser vergleichbar sein. "Eine gänzlich neue Idee stand vor kurzem schon beim TÜV in Köln auf dem Prüfstand. Es handelt sich um Lärmschutzwände aus Miscanthus für Schnellstraßen und Autobahnen", so Pude. Vom 26. bis 28.August 2002 findet in Bonn die 2. internationale Miscanthus-Tagung statt. (pte)