Nahost
Israelis und Palästinenser wollen Lösung für Bethlehem
Kommandant der Al-Aksa-Brigaden in Hebron getötet - UNO soll Ereignisse in Jenin untersuchen
Ramallah/Jerusalem/New York/Brüssel - Drei Wochen
nach Beginn der Belagerung der Geburtskirche in Bethlehem suchen
Israelis und Palästinenser eine Verhandlungslösung. Für
Dienstagvormittag sei ein Treffen zwischen beiden Seiten geplant,
teilten palästinensische Vertreter mit. In der Umgebung der Kirche
fielen am Montagabend erneut Schüsse. Beide Seiten beschuldigten sich
gegenseitig, zuerst geschossen zu haben. In der Kirche halten sich seit 2. April rund 200 bewaffnete
Palästinenser verschanzt. Mit ihnen sind etwa 35 Priester und Nonnen
eingeschlossen. Die Situation verschlechtere sich von Tag zu Tag,
sagte der anglikanische Gesandte Andrew White. Die Eingeschlossenen
hätten keine Lebensmittel mehr, die hygienischen Bedingungen seien
unerträglich.
Auch nach dem Teilabzug aus den palästinensischen
Autonomiegebieten setzt Israel seine Politik gezielter Angriffe fort.
Ein Hubschrauber feuerte am Montagabend mehrere Raketen auf ein Auto
in Hebron ab. Dabei wurden der örtliche Kommandant der
Al-Aksa-Brigaden, Marwan Sallum, und ein zweiter Mann getötet. Sallum
stand nach Angaben palästinensischer Polizisten auf einer Liste von
33 Aktivisten, deren Festnahme Israel verlangte.
Die der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Yasser Arafat
nahe stehenden Al-Aksa-Brigaden haben sich zu mehreren
Selbstmordanschlägen in Israel bekannt. Die israelischen Streitkräfte
bestätigten den Hubschrauberangriff. Mehrere hundert Menschen
versammelten sich in der Nacht um das verkohlte Auto der beiden
Opfer. Bei dem zweiten Todesopfer soll es sich um ein Mitglied der
Arafat-Leibwache Force 17 gehandelt haben.
Zuvor waren bei Zusammenstößen im Westjordanland und im
Gazastreifen sieben Palästinenser und ein israelischer Soldat ums
Leben gekommen. Bei einem Gespräch mit Arafat in Ramallah versuchte
US-Sondergesandte William Burns, die gespannte Lage in der Stadt und
in Bethlehem zu entschärfen. Das Treffen verlief ergebnislos.
Eine internationale Kommission unter Leitung des früheren
finnischen Präsidenten Martti Ahtisaari soll die Geschehnisse im
Flüchtlingslager Jenin untersuchen. Dies gab UNO-Generalsekretär Kofi
Annan bekannt. Das Team soll vom früheren finnischen Präsidenten
Martti Ahtisaari geleitet werden. Weitere Mitglieder sind die frühere
UNO-Hochkommissarin für Flüchtlinge, Sadako Ogata, und der frühere
Präsident des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK),
Cornelio Sommaruga, der einstige Leiter der UNO-Polizei in Bosnien,
Peter Fitzgerald, und der US-General Bill nash. Israel kritisierte,
dass es in die Zusammenstellung der Kommission nicht einbezogen
worden war.
Die Palästinenser werfen Israel vor, in Jenin ein "Massaker" unter
Zivilisten angerichtet zu haben. Israel bestreitet das und erklärt,
es habe Tote ausschließlich bei Kampfhandlungen zwischen beiden
Seiten gegeben. Die israelische Regierung erklärte sich nach dem
Beschluss des UNO-Sicherheitsrates bereit, eine
Untersuchungskommission ungehindert in Jenin arbeiten zu lassen. Um
die Darstellung der Ereignisse tobt eine Propagandaschlacht.
EU-Außenkommissar Chris Patten bekräftigte seine Kritik an dem
Vorgehen Israels. Kritische Äußerungen bedeuteten nicht
Antisemitismus, wies Patten entsprechende Vorwürfe Israels zurück.
Israel habe das Recht auf Selbstverteidigung, aber Europa wolle auch
einen lebensfähigen palästinensischen Staat, der nicht "löchrig wie
ein Schweizer Käse" sei, fügte Patten am Rande des
EU-Mittelmeertreffens hinzu. Er wolle am Dienstag mit Israels
Außenminister Shimon Peres über die "systematische Zerstörung der
Infrastruktur der Autonomiebehörde" sprechen, die nichts mit dem
Kampf gegen Selbstmordanschläge zu tun habe. (APA)