Prag - Fast 35 Jahre nach dem Tod eines DDR-Bürgers an der damaligen Grenze zwischen der Tschechoslowakei und Österreich haben die Behörden in Brünn Mordanklage gegen einen früheren CSSR-Grenzsoldaten erhoben. Der heute 55-Jährige Josef M. werde verdächtigt, am Mittag des 27. August 1967 den 28-jährigen Ostdeutschen Richard Schlenz nach dem Durchschwimmen der Donau auf bereits österreichischem Hoheitsgebiet erschossen zu haben, berichtete die Prager Tageszeitung "Pravo". Dagegen sei drei Freunden von Schlenz die Flucht bei Hainburg gelungen. Josef M. habe auch auf die anderen Ostdeutschen geschossen, obwohl diese sich bereits auf österreichischem Boden befanden. Die mährische Staatsanwaltschaft klagt ihn deshalb zusätzlich wegen dreifachen Mordversuchs an, berichtete "Pravo". Um die Flüchtlinge in die CSSR zurückzuholen, hatte ein Grenzer sogar die Donau durchschwommen. Als er auf österreichischer Seite ankam, waren die Flüchtlinge aber schon weggelaufen. Der Fall Gartenschläger Fall 2: 26 Jahre nach dem Tod des DDR-Regimegegners Michael Gartenschläger an der innerdeutschen Grenze sollen in Berlin drei ehemaligen DDR-Grenzoffiziere als mutmaßliche Hintermänner wegen Totschlags vor Gericht kommen. Der Prozess gegen einen heute 90-jährigen Ex-Generalleutnant und zwei weitere frühere leitende Militärs soll am 7. Mai vor dem Berliner Landgericht beginnen, bestätigte ein Justizsprecher am Dienstag. Der damals 32-jährige Gartenschläger hatte weltweit für Aufsehen gesorgt, als er vom Westen aus an der DDR-Grenze zwei Selbstschussautomaten SM 70 abgebaut und öffentlich präsentiert hatte. Beim dritten Versuch wurde er in der Nacht zum 1. Mai 1976 von DDR-Soldaten an der Grenze zwischen Schleswig-Holstein und Mecklenburg erschossen. Die drei Angeklagten sollen im April 1976 in einem "Maßnahmeplan" die Festnahme oder auch "Vernichtung" des Regimegegners beschlossen haben, um "weitere Angriffe auf die SM 70 zu verhindern". Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen gemeinschaftlichen Totschlag in mittelbarer Täterschaft vor. Die tödlichen Schüsse auf Gartenschläger sind bisher ungesühnt geblieben. Vor zwei Jahren sprach das Landgericht Schwerin drei ehemalige Angehörige eines Sondertrupps der DDR-Staatssicherheit vom Vorwurf des versuchten Mordes frei. Die Vorgänge in der Tatnacht seien nicht zweifelsfrei aufzuklären gewesen, begründeten die Richter. Die Staatsanwaltschaft hatte den Angeklagten vorgeworfen, auf Gartenschläger noch geschossen zu haben, als dieser bereits verletzt am Boden lag. Gartenschläger war 1971 nach zehnjähriger politischer Haft in der DDR von der Bundesrepublik freigekauft worden. Von Hamburg aus startete er dann seine Aktionen gegen die Grenze. (APA)