Düsseldorf - Den während des Zweiten Weltkriegs in Einrichtungen der evangelischen Kirchen eingesetzten Zwangsarbeitern ist es nicht besser ergangen als jenen, die etwa in der Rüstungsindustrie arbeiten mussten. Dieses Fazit zog der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Kock, am Dienstag bei der Vorstellung der ersten flächendeckenden Regionalstudie über Zwangsarbeiter in evangelischen Einrichtungen. Mit der Vorlage der Studie unter dem Titel "Dienen unter Zwang" sei die Kirche "spät dran mit der inhaltlichen Aufarbeitung ihrer Schuld", sagte Kock. Er fügte hinzu: "Hoffentlich nicht zu spät für die Überlebenden". "Wir müssen genauer wahrnehmen, wo und wie in Kirche und Diakonie Verantwortliche in das Unrecht verstrickt waren. Daraus können und müssen wir für die Zukunft lernen", erklärte Kock, der auch Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Die EKD hatte sich im Juli 2000 mit zehn Millionen Mark an der Entschädigungsstiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" beteiligt. Kock kündigte ein Besuchs- und Partnerschaftsprogramm der rheinischen Kirche für überlebende Zwangsarbeiter an. Vorgesehen sind Gesundheitsfürsorge und Medikamentenhilfe sowie in Einzelfällen auch finanzielle Unterstützung. Damit wolle man auch Unternehmen anregen, "die in ähnlicher Weise in dieses Unrecht verstrickt waren und sich heute damit mehr als schwer tun". Evangelischer Einrichtungen als Lager für Zwangsarbeiter Nach Angaben des Autors der Studie, Uwe Kaminsky, lagen Ernährung, Lohn und Versorgung der Zwangsarbeiter auch in kirchlichen Einrichtungen "im Rahmen der üblichen Diskriminierungen Nazi-Deutschlands". Allerdings seien die Verhältnisse in der Land- und Hauswirtschaft in kirchlichen Einrichtungen "auf Grund des gegenseitigen Aufeinander-Angewiesenseins im allgemeinen auskömmlicher als in großen Industriebetrieben" gewesen. Die 318 Seiten umfassende Studie beschäftigt sich auch mit der Nutzung evangelischer Einrichtungen als Lager für Zwangsarbeiter, mit deren Krankenversorgung und der Seelsorge. Außerdem wird die Beteiligung des damaligen Vorsitzenden der Finanzabteilung beim Konsistorium der Evangelischen Kirche der Rheinprovinz an der Ermordung jüdischer und nichtjüdischer Zwangsarbeiter in der Ukraine behandelt. (APA)