Jerusalem - Die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem hat am Dienstag eine fehlende Auseinandersetzung in Deutschland und Europa mit dem wachsenden Antisemitismus bemängelt. In einer Reaktion auf Äußerungen eines Berliner Polizeisprechers über das öffentliche Tragen jüdisch-religiöser Zeichen in der deutschen Hauptstadt teilte die Einrichtung in Jerusalem mit: "Die Absicht des Sprechers war gut, weist aber auf eine verfehlte und problematische Denkweise hin." Anstatt sich dem Problem zu stellen und offen gegen Antisemitismus zu kämpfen, glaube man, der Verzicht auf jüdische religiöse Zeichen könnte das Problem lösen. Der Leiter von Yad Vashem, Avner Schalev, sieht als Auslöser der neuen antisemitischen Welle "die faschistische und antisemitische Rechte, den neuen islamischen Hass, der die ganze Welt überschwemmt, und die anti-israelische radikale Linke". Schalev sagte: "Das Hauptproblem heute ist, dass Politiker und Einrichtungen in Europa sich der Welle des Antisemitismus nicht entgegenstellen. Das erste Opfer sind die Juden und das nächste Opfer werden sie selbst und ihre Bürger sein." Der Wahlerfolg des rechtsextremen französischen Politikers Jean-Marie Le Pen sei ein Anzeichen für diese mangelnde Auseinandersetzung. Jüdischer Weltkongress fordert mehr Schutz Als Reaktion auf zunehmende antisemitische Übergriffe in Europa hat der Jüdische Weltkongress einen besseren Schutz von Juden und deren Einrichtungen angemahnt. Allein 360 antisemitische Vorfälle in Frankreich in den vergangenen zwei Wochen seien ein schlimmer Vorbote für die jüdischen Gemeinden in Europa, sagte Generalsekretär Avi Beker am Dienstag nach einem Treffen von Vertretern des Weltkongresses in Brüssel. Wenn Juden ihre religiösen und sozialen Zentren in Europa besuchten, müssten sie Angst haben. "Das ist beschämend für Europa", sagte Beker. Synagogen, jüdische Schulen und Friedhöfe waren in den vergangenen Wochen wiederholt das Ziel von Anschlägen. Neben Frankreich war davon auch Belgien betroffen. Parallel dazu startete die israelische Armee ihre Offensive in den palästinensischen Gebieten. Als mutmaßliche Täter der meisten Anschläge gelten Personen arabischer Herkunft. In Marseille war am 31. März bei einem Anschlag eine Synagoge völlig ausgebrannt. Beker sagte, so etwas habe die jüdische Gemeinde seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr erlebt. De WJC-Funktionär warf europäischen Politikern vor, im Nahost-Konflikt eine Kampagne gegen Israel zu fahren. Zugleich gehe die EU zu sanft mit den Palästinensern um. (APA/dpa)