In dem Text wird unter anderem allen Versuchen eine klare Absage erteilt, "Fragen zu öffnen, die mit dem Ende und den Ergebnissen des Zweiten Weltkrieg zusammenhängen". Die Resolution enthält ebenfalls die Feststellung, dass jene Gesetze und Dekrete, welche erst nach Kriegsende erlassen wurden, unmittelbar danach angewandt wurden und somit heute wie auch in Zukunft keinerlei rechtliche Relevanz hätten. Dazu gehören insbesondere jene Benes-Dekrete, die nach 1945 zur Enteignung der Sudetendeutschen führten. Weiters heißt es in dem Text, dass die damit zusammenhängenden rechtlichen und eigentumsrechtlichen Bestimmungen "unantastbar und unveränderlich sind" (siehe "Wortlaut") .

Angeregt wurde die Resolution vor einem Monat von dem sozialdemokratischen Premierminister Milos Zeman und dem Chef des Abgeordnetenhauses, Václav Klaus, von der bürgerlichen ODS. Die Resolution sollte eine Antwort auf die wachsende Kritik an den Benes-Dekreten sein, welche seit einigen Monaten nicht nur aus Österreich oder Deutschland, sondern auch vonseiten einiger Mitglieder des Europaparlaments geäußert wurde.

In die darauf folgenden Beratungen bei Außenminister Jan Kavan wurden Vertreter aller fünf Parlamentsparteien einbezogen. Für die Kommunisten war dies übrigens eine Premiere, denn bis dahin waren sie an keiner vergleichbar wichtigen Entscheidung beteiligt.

Am Dienstag erklärte sich zudem auch Tschechiens Präsident Václav Havel mit dem Text vollkommen einverstanden - in der Hoffnung, wie er nach einem Treffen mit Václav Klaus sagte, dass damit die "üblen nationalistischen Töne aus dem Wahlkampf verschwinden".

Die Frage nach der Beibehaltung der Benes-Dekrete spielte in den letzten Wochen eine zunehmend wichtiger werdende Rolle in der Kampagne für die tschechischen Parlamentswahlen am 14. und 15. Juni. Geschürt wurden die Emotionen und Ängste der Bevölkerung nicht zuletzt auch durch gezielte Provokationen bisher unbekannter Täter. So tauchten etwa seit Anfang März in mehreren Orten des einstigen deutschen Siedlungsgebiets Flugblätter und Aufkleber auf mit der Aufschrift "Die Sudeten waren deutsch und werden wieder deutsch werden".

Einige Abgeordnete der Sozialdemokraten und der Bürgerlichen verleitete das am Mittwoch während der Behandlung der Resolution zu den Benes-Dekreten zu Aktionismus. Zur Debatte im Parlament erschienen sie in weißen T-Shirts, auf denen eine Karte Tschechiens mit den Städten Prag, Ustí/Aussig, Domazlice/ Taus, Trutnov/Trautenau und Karlový Vary/ Karlsbad aufgedruckt war, wobei die einstigen deutschen Bezeichnungen durchgestrichen waren. Daneben befand sich auf dem T-Shirt auch noch das Wort München, in Anspielung an das Münchner Abkommen von 1938.

Klaus hatte am Dienstagabend bei einer Wahlveranstaltung in Prag gedroht, dass seine Partei bei dem für 2003 geplanten EU-Beitrittsreferendum keine Ja-Empfehlung abgeben könne, falls Tschechien keine Garantien für die Unantastbarkeit der Benes-Dekrete erhalten sollte. "Wir fordern Garantien der Unantastbarkeit der Nachkriegslegislative nach dem EU-Beitritt. Falls wir solche Garantien nicht bekommen, wird die ODS den Wählern nicht empfehlen, bei der Volksabstimmung für den EU-Beitritt zu stimmen", sagte Klaus nach Angaben der Tageszeitung Mladá fronta Dnes . (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 25.4.2002)