Frankreich
Haider: Kein Vergleich zwischen FPÖ und Front National möglich
Interview in "Corriere della Sera" - FPÖ ist "typisches politisches Produkt Österreichs"
Mailand - Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider lehnt in
einem Interview mit der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera"
(Mittwochausgabe und Internet) jeglichen Vergleich mit dem Front
National von Jean-Marie Le Pen ab. "Zwischen uns und dem Front
National ist kein Vergleich möglich. Die FPÖ ist ein typisches
politisches Produkt Österreichs, das sich in 50 Jahren entwickelt hat
und fähig war, die auf zwei Parteien beschränkte Hegemonie zu
brechen, die sich die Macht teilten", so Haider in der Zeitung Der FPÖ-Altobmann betonte, dass seine FPÖ sich inhaltlich vom
Front National unterscheide. "Erstens, weil wir hier eine andere
Tradition haben. Wir sind eine Partei, die seit jeher auf Österreichs
politischer Szene präsent gewesen ist. Die FPÖ hat sich auch in der
Vergangenheit an Regierungskoalitionen beteiligt. Zweitens sind
unsere Programme unterschiedlich: Wir wollen die Leute vom Einfluss
der Politik befreien, wir sind weder Antisemiten noch
ausländerfeindlich. Wir sind nicht gegen die Einwanderung, sondern
für deren strenge Regelung. Auch (der italienische Ministerpräsident
Silvio) Berlusconi ist auf dieser Linie", wird Haider in der
renommierten Tageszeitung zitiert.
Haider fühlt sich von Schüssel repräsentiert
Auf die Frage, ob er sich in Europa von der Regierung des
Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel repräsentiert fühle, antwortete
Haider: "Ja, auf perfekte Weise. Ich habe die Verhandlungen zur
Regierungsbildung geführt und teile die darin festgelegten
Positionen".
Laut Haider hat das Thema Sicherheit und Immigration den ersten
Wahldurchgang in Frankreich entschieden. "Das ist ein
ausschlaggebendes Thema in ganz Europa. Mehr als das Ergebnis hat
mich die Geduld der Leute beeindruckt, die so lange die nicht
gehaltenen Versprächen von Jacques Chirac und Lionel Jospin über
diese Fragen ausgehalten hat. Die Wählerschaft hat sowohl den
Präsidenten, als auch den Premierminister bestraft, die jetzt keine
Glaubwürdigkeit mehr besitzen. Überall, in jedem Land, wollen die
Leute wissen, wie man die Kriminalität in Schranken halten kann. Und
Europa ist in diesem Bereich nicht in der Lage, Antworten zu geben",
lautet die Einschätzung Haiders im "Corriere".
Der Kärntner Landeshauptmann bejahte, dass die Einwanderungsfrage
der Schlüssel sei, um das Wahlergebnis in Frankreich zu verstehen.
"In Brüssel gibt es viel Europa und wenig Aufmerksamkeit für die
einzelnen Länder, für die Sicherheitswünsche der Bevölkerung", sagte
Haider in dem Interview. "Wenn Europa seinen Weg nicht finden kann,
dann ist es recht und billig, wenn jedes einzelne Land den eigenen
findet. In punkto Ausländer hat jedes Land eine eigene Lösung für die
Probleme. Frankreich ist als Ex-Kolonialland für die Formen
verantwortlich, die die Einwanderung auf seinem Territorium
angenommen hat", so Haider.
Auf die Frage, ob Le Pens Wahlsieg für die Demokratie gefährlich
sei, antwortete Haider. "Die Demokratie ist niemals gefährlich und
das Weiterkommen des Front National-Chefs in den zweiten
Wahldurchgang ist das Resultat einer demokratischen, also legitimen
Wahl." (APA)