Hamburg/Washington - Im Kartellverfahren gegen Microsoft haben die neun US-Bundesstaaten vergeblich versucht, neue Beweismittel für ein wettbewerbswidriges Verhalten des Softwaregiganten vor Gericht einzuführen. Am zweiten Tag des Auftritts von Microsoft-Gründer Bill Gates wollte der Vertreter der Bundesstaaten, Steve Kuney, am Dienstag (Ortszeit) einen E-Mail- Wechsel zwischen Gates und Microsoft-Chef Steve Ballmer diskutieren, in dem es um die Beziehung zum Chiphersteller Intel ging. Nach einem Einspruch des Anwalts von Microsoft unterband Richterin Colleen Kollar-Kotelly eine weitere Behandlung des Themas im Kreuzverhör von Gates. Die neun Bundesstaaten, die von Kalifornien, Connecticut und Iowa angeführt werden, sperren sich gegen die gütliche Einigung, die zwischen dem US-Justizministerium und Microsoft ausgehandelt worden war. Sie fordern weitergehende Sanktionen, darunter eine Offenlegung des Windows-Programmcodes sowie abgespeckte Versionen des Microsoft- Betriebssystems ohne die umstrittenen Programmbündel mit dem Internet Explorer und dem Windows Media Player. Gates räumte vor Gericht erstmals ein, dass die Programmiersprache Java des Microsoft-Konkurrenten Sun Microsystems sowie der Web-Browser Netscape, der inzwischen AOL Time Warner gehört, eine Bedrohung der Windows-Plattform dargestellt haben. In seiner schriftlichen Ausführung hatte Gates noch erklärt, Java und der Netscape-Browser hätten "angeblich" das Potenzial gehabt, die Vormachtstellung von Windows zu bedrohen. "Wenn es hilfreich ist, streiche ich gerne das Wort 'angeblich'", sagte Gates. Der reichste Mann der Welt verwahrte sich aber entschieden gegen die Ansicht, Microsoft habe bestimmte Änderungen in Windows nur mit dem Ziel vorgenommen, um Programme von Wettbewerbern zum Absturz zu bringen. Es sei aber vorgekommen, dass Microsoft in guter Absicht bestimmte Funktionen in Windows geändert habe, die sich später als unpopulär herausgestellt hätten. "Auch wir können Fehler machen." Auch am zweiten Tag seines persönlichen Auftritts machte Gates nach Ansicht von Beobachtern erneut eine deutlich bessere Figur als beim völlig missglückten Videoauftritt im Jahr 1998. Wie bereits am Montag begleitete Melinda Gates ihren Mann ins Gericht. Die Befragung von Gates wird am Mittwoch (Ortszeit) fortgesetzt.