Straßburg/Belgrad - Verstärkte Anstrengungen zur Festnahme mutmaßlicher Kriegsverbrecher hat die Chefanklägerin des UN-Tribunals, Carla Del Ponte, gefordert. Auch die NATO könnte hier "etwas aktiver" sein, betonte sie am Mittwoch vor der Parlamentarischen Versammlung des Europaparats in Straßburg. Nach wie vor seien 31 von dem Tribunal in Den Haag gesuchte mutmaßliche Kriegsverbrecher auf freiem Fuß, unter ihnen der frühere bosnische Serbenführer Radovan Karadzic. Heftige Vorwürfe erhob Del Ponte gegen die Behörden in Jugoslawien und der bosnischen Serbenrepublik. Dort würden die Ermittlungen des Haager Tribunals weiter durch "Widerstände" ziviler und militärischer Stellen behindert. Jugoslawien habe zwar kürzlich ein Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrechertribunal erlassen. Danach könnten jugoslawische Staatsbürger aber nicht für Verbrechen ausgeliefert werden, die vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes begangen wurden. Dies sei ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht. Karadzic, der am meisten gesuchte mutmaßliche Kriegsverbrecher auf dem Balkan, lehnte es unterdessen erneut ab, sich dem Haager Tribunal zu stellen. Für ihn sei dieses Gericht "illegal", schrieb er dem Kommandanten der UNO-Friedenstruppe KFOR in Bosnien-Herzegowina, dem US-General John Silvester. Der Brief wurde am Mittwoch von einer Belgrader Wochenzeitung veröffentlicht. In den vergangenen Monaten waren mehrere Versuche der KFOR gescheitert, Karadzic und dessen Ex-Armeechef Ratko Mladic festzunehmen. Karadzic hält sich vermutlich in der bosnischen Serbenrepublik versteckt. Bosnien-Herzegowina wurde am Mittwoch feierlich in den Europarat aufgenommen. Bei dieser Gelegenheit versprach Präsident Beriz Belkic, Kriegsverbrecher würden vor Gericht gestellt. (APA)