Die Botschaft war bitter, aber ehrlich. Kürzlich hat der Finanzminister angekündigt, wie er die Steuer- und Abgabenquote zu senken gedenkt, die mit 45 Prozent auf einem Rekordwert und weit über dem EU-Schnitt liegt: mit Einschnitten im Sozialsystem und mit einer Pensionsreform. Seiner Partei erscheint der Vorteil (der Plan ist realistisch) gegenüber dem Nachteil (der Plan ist unpopulär) zu gering.

Daher hat Klubobmann Peter Westenthaler einen neuen Plan: Sozialkürzungen kommen nicht, die Pensionsreform auch nicht - und die Steuerreform soll finanziert werden, indem Österreich vielleicht weniger EU-Beiträge und sicher keine höheren Beiträge für die EU-Erweiterung zahlt. So einfach kann Budgetpolitik sein. Dass der Realismusfaktor bei diesem Plan gleich null ist, weil die EU-Beiträge bis 2006 festgelegt sind, stört Westenthaler wenig, weil der Populismusfaktor des Plans so hoch ist: Wenn die Steuerreform scheitert oder gering ausfällt, ist klar, wer schuld ist - die EU, die EU-Osterweiterung und vielleicht auch noch der ungeliebte EU-Erweiterungskommissar. Auf jeden Fall alle (Wahlkampf-)Feindbilder der FPÖ und keinesfalls verfehlte Budgetziele oder sonstige eigene Fehler.

Blöd bloß, dass die ÖVP bei dem genialen Plan nicht mitspielt. Und hartnäckig darauf verweist, dass eine Steuersenkung nur bei ausreichendem Wirtschaftswachstum kommt und überhaupt die Senkung der Lohnnebenkosten Vorrang hat. Damit sind die veritablen koalitionären Verteilungskämpfe eröffnet, wer seine Klientel aus dem kleinen Budgetspielraum mit Wahlkampfzuckerln bedienen darf. Das hat für Westenthaler zwar den Nachteil, dass sein tolles Konzept kaum verwirklicht wird - aber den Vorteil, dass er neben der EU einen Ersatzverhinderer der Steuerreform präsentieren kann: die ÖVP.

Es verheißt nichts Gutes für die Steuerreform, wenn die Schuldigen für ihr Scheitern schon jetzt präsentiert werden. (DER STANDARD, Print- Ausgabe, 25. 4.2002)