Nahost
UNO-Sicherheitsrat vertagt Sondersitzung zu Nahost
Palästinenser lehnen Teileinigung zu Bethlehem ab - Augenzeugen melden Panzervorstoß in Ramallah
New York/Jerusalem/Bethlehem - Der
UNO-Sicherheitsrat hat seine neuerliche Sitzung zur Lage im Nahen
Osten vertagt. Nach Angaben von Diplomaten sollen die Beratungen am
Donnerstag nach einem Treffen zwischen der UNO und Vertretern Israels
fortgesetzt werden. Dabei geht es um die Untersuchungskommission für
die Ereignisse in dem palästinensischen Flüchtlingslager Jenin im
Westjordanland. Die 15 Mitglieder des Sicherheitsrats waren auf Antrag der
arabischen Staaten am Mittwochabend in New York zu Konsultationen
zusammen gekommen. Sie konnten sich jedoch zunächst nicht auf die
Annahme einer Resolution einigen, mit der Israel zur sofortigen und
uneingeschränkten Zusammenarbeit mit der Kommission aufgefordert
werde sollte. Der Entwurf war von Syrien eingebracht worden.
Von den arabischen Staaten unterstützter Resolutionsentwurf
Dem Sicherheitsrat liegt zudem ein von den arabischen Staaten
unterstützter Resolutionsentwurf Syriens vor, indem die israelische
Armee aufgefordert, die Belagerung des Amtssitzes von
Palästinenserpräsident Yasser Arafat in Ramallah sowie der
Geburtskirche in Bethlehem sofort zu beenden. Nach
Augenzeugenberichten rückten Donnerstag früh wieder sieben oder acht
Panzer nach Ramallah vor. Eine Bestätigung oder weitere Angaben lagen
vorerst nicht vor.
Die seit drei Wochen von israelischen Truppen belagerten
Palästinenser in der Geburtskirche von Bethlehem lehnten eine zuvor
erzielte teilweise Einigung ab. Vertreter Israels und der
Palästinenser hatten sich darauf geeinigt, die Bergung von zwei
Leichen und den sicheren Abzug mehrerer Kinder und Jugendlicher zu
ermöglichen. Die in der Kirche verschanzten Palästinenser lehnten
dies ab. Die zum Teil bewaffneten Männer halten auch mehrere Mönche
und Nonnen in der Kirche fest.
Ablehnung einer Teillösung in Bethlehem
Auch in einem Flugblatt der Fatah-Bewegung von Arafat hieß es, man
lehne eine Teillösung in Bethlehem abvon den arabischen Staaten
unterstützter Resolutionsentwurf ab. Der palästinensische
Tourismusminister Mitri Abu Itta sagte, man hoffe auf eine
umfassendere Vereinbarung bei den neuen Gesprächen. Am Mittwochabend
starb ein zweiter Palästinenser an Verletzungen, die er bei
Schusswechseln mit israelischen Soldaten im Bereich der Geburtskirche
erlitten hatte. Zwei weitere Palästinenser und zwei israelische
Soldaten wurden bei den Schießereien verletzt.
Bei den Verhandlungen über eine friedliche Lösung der
Geburtskirche in Bethlehem waren sich Israelis und Palästinenser
zunächst etwas näher gekommen. Der Bürgermeister Bethlehems, Hanna
Nasser, sagte nach den Gesprächen, die Israelis wollten die Bergung
mehrerer Leichen aus dem Gebäudekomplex erlauben. Außerdem sollte es
etwa 15 bis 20 Kindern und Jugendlichen unter 17 Jahren ermöglicht
werden, die Kirche zu verlassen. Beide Seiten wollten ihre Gespräche
am Donnertag fortsetzen.
In unbestätigten Berichten hieß es, die Verhandlungspartner hätten
sich darauf geeinigt, dass von Israel gesuchte Palästinenser unter
den etwa 200 Männern in der Kirche in den Gazastreifen gebracht
werden. Arafat habe dies aber abgelehnt. Israel hatte die gesuchten
Männer vor die Wahl zwischen einem Prozess in Israel oder der
Verbannung gestellt.
Führungsspitze militanter Palästinensergruppen seien ausgeschaltet
Nach Einschätzung der israelischen Armeespitze ist es bei der
Militäroffensive im Westjordanland in den vergangenen Wochen
gelungen, fast die gesamte Führungsspitze militanter
Palästinensergruppen auszuschalten. Seit Ende März seien dutzende
Führer der Hamas-Bewegung, des Islamischen Jihads und der
Al-Aksa-Brigaden verhaftet oder getötet worden, sagte der Chef des
Armeeplanungsstabs, Giora Eiland.
"Von den wichtigen Leuten sind nicht viele entwischt", sagte der
General. Insgesamt befinden sich derzeit mehr als 1.000 Palästinenser
in Haft. Mindestens 200 Palästinenser und rund 30 israelische
Soldaten wurden bei der "Operation Verteidigungschild" im
Westjordanland getötet.
Auch nach dem geplanten Rückzug aus den Autonomiegebieten werde
die israelische Armee die Lage überwachen und bei Gefahr sofort
wieder einrücken, sagte Eiland. "Wir tragen die Verantwortung. Von
den palästinensischen Behörden ist nichts zu erwarten. Zurzeit gibt
es keinen Friedensprozess, keine Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen,
keine diplomatischen Horizonte, kein gar nichts."(APA/AP/dpa)